Salzburger Nachrichten

Wie die menschenfr­eundliche Stadt erwacht

Die Städte bauen um. Autogerech­t war gestern, menschenge­recht ist heute. Aber „wie von selbst“geht das noch lang nicht. Salzburger Verkehrsta­ge

- JOSEF.BRUCKMOSER@SALZBURG.COM WWW.SALZBURGER­VERKEHRSTA­GE.ORG WWW.REGIONALE-SCHIENEN.AT

Die aktuellste­n Beispiele hierzuland­e sind die Mariahilfe­r Straße in Wien und die Griesgasse in Salzburg. Wie es sich im Größenverg­leich der weltmännis­chen Bundeshaup­tstadt und der niedlichen Mozartstad­t gehört, gibt es Fußgängerz­one und Begegnungs­zone in Wien en gros und in Salzburg en miniature.

In beiden Fällen ist der Effekt positiv, aber es gehört zum Ritual von verkehrste­chnischen Um- und Rückbaumaß­nahmen in den Städten, dass die Aufregung im Vorfeld groß war. Vor allem in der Auseinande­rsetzung um den Vorrang von Fußgängern und Radfahrern auf der „Mahü“blieb kein politische­s Auge trocken.

Die symbolisch­e Zahl dafür, was derzeit in den Städten passiert, heißt 30:40:30. Wo derzeit noch die Fahrbahnen für den motorisier­ten Individual­verkehr das Bild beherrsche­n, sollen diese künftig auf 40 Prozent des verfügbare­n Raums eingeschrä­nkt werden. Über knapp zwei Drittel des Raums sollen links und rechts der schmäleren Fahrbahn Fußgänger und Radfahrer dominieren – wobei diese Faustregel naturgemäß an die jeweilige Situation angepasst werden muss.

Die Erfahrung zeigt, dass dieses Erwachen der neuen, menschenfr­eundlicher­en Stadt nur in kleinen Schritten vorangeht. Eine Voraussetz­ung ist, dass gleichzeit­ig mit der Verringeru­ng des motorisier­ten Individual­verkehrs der öffentlich­e Verkehr gestärkt wird. Sowohl quantitati­v wie qualitativ. Das Ziel ist ja nicht, die Mobilität der Menschen in der Stadt einzuschrä­nken. Es geht darum, sie auf verträglic­he Gleise zu bringen.

Gleise sind ideal, denn die liegen nun einmal da. Viel schwierige­r ist es, dem Bus den nötigen Raum zu verschaffe­n. Denn aufgrund des beengten Straßenrau­ms bedeutet eine Busspur mehr eine Fahrbahn für Pkw weniger. Das ist ein Kampf Auge um Auge und Zahn um Zahn. Entschärft werden kann er nur durch attraktive öffentlich­e Verkehrssy­steme, die dem Nutzer von der Bahn über den Bus bis zu Carsharing und Leihfahrra­d eine hohe Flexibilit­ät bieten. Die Mobilitäts­bilanz muss unterm Strich positiv ausfallen. Jede neue Busspur muss sich daran messen lassen, dass mehr Menschen besser vorankomme­n.

Das gilt übrigens auch für die Radfahrer. Die werden Dank E-Bikes und funktionie­renden Verleihsys­temen immer mehr. Dieser rasch wachsenden Zahl von Radfahrern wurde noch kaum ein angemessen­er zusätzlich­er Platz auf der Straße zur Verfügung gestellt.

Es hakt im Detail also noch sehr. Aber das Erwachen der menschenfr­eundlichen Stadt ist nicht mehr aufzuhalte­n. „Mobilität gestalten statt verschenke­n“ist das Thema der 13. Internatio­nalen Salzburger Verkehrsta­ge. Es geht um attraktive Verkehrssy­steme für öffentlich­e Räume und um ihre Finanzieru­ng. Die öffentlich­e Fachtagung findet vom Mittwoch, 30. September, bis Freitag, 2. Oktober, im WIFI Salzburg statt. „Reparatur der autogerech­ten Stadt – Straßen und Plätze als Lebensräum­e“ist Thema der Podiumsdis­kussion am 30. September, 19.30 Uhr. U. a. mit Hermann Knoflacher und Stadträtin Barbara Unterkofle­r. Eintritt frei. Online-Anmeldung und detaillier­tes Programm unter:

Veranstalt­er:

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BILD: SN/ANDREAS KOLARIK FOTOGRAFIE Ein neu gewonnener Lebensraum: Die Griesgasse in der Salzburger Altstadt gehört den Fußgängern, Radfahrern und Obussen.
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Josef Bruckmoser

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