Das Asylthema war das Wahlmotiv Nummer eins
Der Zustrom an Flüchtlingen ändert das politische System Österreichs. Bei der Landtagswahl in Oberösterreich verdoppelte die FPÖ ihre Stimmen. ÖVP und SPÖ schwach wie nie.
Die Landtagswahl in Oberösterreich war eine Wahl der Rekorde. Das Flüchtlingsthema katapultierte die FPÖ in bisher unerreichte Höhen. Die Freiheitlichen schafften erstmals außerhalb Kärntens einen Stimmenanteil von mehr als 30 Prozent. Auch ÖVP und SPÖ hatten Rekordwerte zu vermelden, allerdings negative. So erreichte die ÖVP erstmals seit dem Jahr 1945 weniger als 40 Prozent der Wählerstimmen, die SPÖ kam sogar deutlich unter 20 Prozent. So schwach war die Sozialdemokratie bei den nunmehr 139 Landtagswahlen der Zweiten Republik bisher nur im Westen – in Tirol und Vorarlberg.
Warum die Wahl so ausging, macht eine Untersuchung von Peter Hajek (Public Opinion Strategies) für ATV klar: Das Flüchtlings- und Asylthema war wahlentscheidend. 63 Prozent aller Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher gaben an, dass dieses Thema für sie „sehr“oder „eher“wichtig war. Bei den Wählerinnen und Wählern der Freiheitlichen Partei waren es sogar 83 Prozent. Noch ein Detail aus der Wahlmotivstudie: Für 92 Prozent der ÖVP-Wählerschaft war die Person von LH Josef Pühringer bei ihrer Entscheidung an der Wahlurne wichtig.
Pühringer sagte in einer ersten Reaktion auf das Wahlergebnis, dass nicht über Oberösterreich, sondern über die Flüchtlingspolitik abgestimmt worden sei. Die ÖVP habe einen Preis bezahlt, den sie nicht zu verantworten gehabt habe. Es würden nun mit allen Parteien Gespräche geführt, damit weiter „gut für Oberösterreich“gearbeitet werden könne.
SPÖ-Chef Reinhold Entholzer wiederum sagte, dass er mit diesem „Wahlergebnis nicht gerechnet hat“. Offenbar sei die Angst im Lande vor Flüchtlingen und Asylbewerbern so groß, dass die Hetzparolen der FPÖ „auf fruchtbaren Boden gefallen sind“. FPÖChef Manfred Haimbuchner forderte Respekt für die FPÖ und ihre Wählerinnen und Wähler ein. Diese dürften nicht ausgegrenzt werden, er sei zur Zusammenarbeit bereit.
Neben den Freiheitlichen waren die Grünen die Partei, die Zuwächse erreichen konnte. Die Grünen kamen auf etwas mehr als zehn Prozent der Stimmen. Landesrat Rudi Anschober sagte, er sei froh, dass man auch mit einer weltoffenen und toleranten Politik Wahlerfolge einfahren könne.
Tatsache ist aber auch, dass die schwarz-grüne Koalition in Oberösterreich Geschichte ist. Die beiden Parteien zusammen haben keine Mehrheit mehr im oberösterreichischen Landtag. Die grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig plädiert trotz der massiven Zugewinne der FPÖ für eine Regierungskoalition ohne blaue Beteiligung. Sie sagte, dass „die Grünen für eine Zusammenarbeit jenseits von Blau“weiter zur Verfügung stehen würden. Ob es diese allerdings geben wird, ist fraglich. Denn die ÖVP hat sowohl mit der SPÖ als auch mit der FPÖ eine deutliche Mehrheit. Auch eine rot-blaue Zusammenarbeit hätte mehr als die Hälfte der Mandate im Landtag. FPÖ-Chef Haimbuchner schloss eine solche aber indirekt aus: Die stärkste Partei (also die ÖVP) solle den Landeshauptmann stellen, sagte er am Wahlabend.
Wie unüblich diese Landtagswahl war, zeigen auch die Reaktionen der Bundespolitiker. Bei ihren Stellungnahmen benutzte niemand die Floskel, dass „es eine Landtagswahl war, die mit der Bundespolitik nichts zu tun hat“. Im Gegenteil: SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann betonte, dass ein internationales Thema alles andere dominiert habe. Laut ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner hat das Asylthema „alles überlagert“. Dieses habe nicht nur eine österreichische, sondern eine europäische und sogar weltweite Dimension. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache freute sich nach dem fulminanten Erfolg in Oberösterreich schon auf die Wahl in der Bundeshauptstadt. „In Wien ist alles möglich“, sagte er. Die FPÖ könne stärkste Kraft werden.
Neos-Chef Matthias Strolz wiederum wies darauf hin, dass er „das Phänomen Rechtspopulismus nicht für sehr stabil“halte. Mittelfristig brauche es belastbare, tragfähige Kräfte. „Hier steht Neos bereit, wir sind auf Nachhaltigkeit ausgelegt.“In Oberösterreich reichte es dafür allerdings noch nicht. Die Neos verpassten den Einzug in den Landtag.