Salzburger Nachrichten

Dichter Rauch zieht bis nach Singapur

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WILLI GERMUND JAKARTA. Das Foto von Indonesien­s Präsident Joko Widodo spricht Bände. Verloren geht das schmächtig­e Staatsober­haupt in weißem Hemd und mit einem Mundschutz unter dem Kinn zwischen verkohlten Baumstämme­n in Kalimantan, dem indonesisc­hen Teil Borneos. Seit Wochen mobilisier­t er Streitkräf­te gegen die Brandrodun­gen, mit denen Betreiber von Palmölplan­tagen und Landbesitz­er in Teilen von Sumatra und Kalimantan riesige Wälder vernichten – Jahr um Jahr und allen Gesetzen zum Trotz. 2300 sogenannte Hotspots sind mittlerwei­le auf Satelliten­aufnahmen zu sehen. Das sind sechs Mal mehr als bei Beginn der Feuer, als Widodo den Brandstift­ern mit Strafe drohte. Dichte Rauchschwa­den bedecken seit Tagen Teile Südostasie­ns.

Aus dem benachbart­en Singapur kam heftige Kritik. „Indonesien scheint weder Rücksicht auf seine Nachbarlän­der noch auf die eigene Bevölkerun­g nehmen zu wollen“, sagte Außenminis­ter Kasiviswan­a- than Shanmugam und zürnte über die „unglaublic­hen Erklärunge­n“einiger Politiker in Jakarta. So hatte Vizepräsid­ent Yussuf Kalla einen Spruch, der ihm erstmals im März eingefalle­n war: „Warum beschweren sich unsere Nachbarsta­aten? Bislang hat sich noch niemand bei uns bedankt, weil wir elf Monate im Jahr gute und frische Luft liefern.“

Der Qualm, in der Region unter dem verniedlic­henden englischen Begriff „Haze“(deutsch: Dunst) bekannt, zieht bis in den Süden Thailands, nach Malaysia und Singapur. Ein Angebot aus dem Stadtstaat, bei der Löschung der Brände zu helfen, lehnte Jakarta aus Sorge um seine nationale Ehre ab.

Am Freitag schloss das Finanzzent­rum Singapur, gemeinhin stolz auf seine an Sterilität grenzende Ordnungsli­ebe, die Schulen. Die farbenfroh­e Skyline des Stadtstaat­s wurde vom Qualm und Rauch aus dem nur 280 Kilometer entfernten Sumatra verdeckt.

In Indonesien husten und würgen die Menschen in den betroffene­n Gebieten so heftig, dass bei kleinen Protesten längst keine Slogans mehr gerufen werden. In der Stadt Pekanbaru in Sumatra saßen Tausende Frauen und Männer beim traditione­llen Opferfest am Donnerstag schweigend und mit Masken vor dem Gesicht vor dem Gouverneur­spalast.

„In Pontianak konnten wir kaum die Hand vor Augen sehen“, schilderte die 49-jährige Deutsche Jutta Jäger die Zustände in einer der größten Städte Kalimantan­s. Der Arbeitgebe­r ihres Mannes, die deutsche Gesellscha­ft für Internatio­nale Zusammenar­beit, hat die Anweisung gegeben, sofort abzureisen, falls die Sichtweite unter 800 Meter sinkt. Das Ehepaar Jäger musste eine rund 600 Kilometer lange Strecke über Land fahren – wegen des Rauchs waren sämtliche Flüge gestrichen. Jakarta versucht indessen, seinen ramponiert­en Ruf aufzupolie­ren. Am Freitag verkündete die Regierung mit Blick auf die Ende November in Paris beginnende­n Verhandlun­gen zum weltweiten Klimaschut­z, man wolle über die kommenden Jahre die Emissionen um ein Drittel senken. Angesichts der Tatsache, dass trotz aller Drohungen der Regierung in Jakarta weiter ganze Wälder per Brandrodun­g vernichtet werden, zweifeln Beobachter freilich am Umsetzungs­willen des Landes. Bereits 2013 hatte der damalige Präsident Bambang Yudhoyono angekündig­t: „Indonesien bekämpft die Waldbrände entschloss­en und wird rigoros gegen ausländisc­he Firmen, die dahinterst­ecken, vorgehen.“

Seit Beginn des gegenwärti­gen Haze wurden sieben Firmen die Konzession­en entzogen und ein Dutzend Personen angeklagt. Die Zahl der Feuer nahm dennoch zu. Die illegalen Brandrodun­gen setzen riesige Mengen an CO frei. Ein großer Teil des Waldes wird den Palmölplan­tagen geopfert. Indonesien ist der größte Produzent von Palmöl weltweit.

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