Gefeiert wie ein Popstar
Papst Franziskus wurde in den USA mit La-Ola-Welle und Sprechchören empfangen. Nach einer feurigen Rede ohne Manuskript kannte der Jubel kein Ende.
PHILADELPHIA. Am Ende überraschte Papst Franziskus alle. Fast zwei Stunden hatte er das Fest des Weltfamilientags in Philadelphia verfolgt, Aretha Franklin singen gehört und den Berichten von sechs katholischen Familien in verschiedenen Lebenssituationen gelauscht. Als der Pontifex dann ans Rednerpult trat, legte er das vorbereitete Redemanuskript spontan weg und sprach frei. Es wurde ein begeisternder und flammender Appell für die Familie – der Menschen aus aller Welt mitriss und jubeln ließ.
Der Auftritt des Papstes in Philadelphia war der Abschluss einer langen Reise, neun Tage lang hat der Argentinier Kuba und die USA besucht. Und das Weltfamilientreffen gab ihm die Gelegenheit, sich mit Gläubigen über Familie und Ehe auszutauschen, zu erfahren, wie Katholiken in aller Welt tatsächlich leben. Zehntausende Menschen kamen zu der Show mit Stars wie Andrea Bocelli und Juanes, am nächsten Tag sollten es zur großen Abschlussmesse unter freiem Himmel etwa zwei Millionen werden.
Und das eine Woche vor der mit Spannung erwarteten Synode in Rom zu heiklen Themen rund um Ehe und Familie. Die Teilnahme des Papstes an dem Treffen in den USA hatte deshalb auch Symbolcharakter. Mit Spannung wurde erwartet, ob er sich zu Reizthemen wie dem Umgang der Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen und Ho- mosexuellen äußern würde. Doch zumindest wer ein klares Statement erhofft hatte, wurde enttäuscht. Franziskus begeisterte die Menschen stattdessen mit dem Aufruf, für die Familie zu kämpfen und sie zu pflegen.
Die Berichte von Katholiken in verschiedenen Lebenssituationen – darunter ein junges Paar kurz vor der Hochzeit, dem vor Aufregung fast die Stimme versagte, und eine alleinerziehende Mutter mit behindertem Kind – machten deutlich, wie unterschiedlich die Realitäten der Katholiken sind. Vor der Synode ergab eine Umfrage, dass viele Gläubige sich in der Lehre nicht mehr wiederfinden. Auch das dürfte ab der kommenden Woche in Rom Teil der Diskussionen sein.
Das Weltfamilientreffen gilt als eines der wichtigsten Großereignisse der katholischen Kirche, es kommen Gläubige aus aller Welt. Die feierten Papst Franziskus wie einen Popstar. Mit La-Ola-Welle, Sprechchören und Jubelrufen wurde der vorbeifahrende Franziskus begrüßt, Zehntausende säumten die Straßen. Auch nach seiner Rede wurde der Papst lange gefeiert.
Die Botschaft, die von Franziskus’ längster Auslandsreise zurückbleibt, ist vor allem eine politische. Beim Empfang im Weißen Haus, vor dem US-Kongress und in der UNO hielt der Papst viel beachtete Ansprachen, in denen er für eine gerechtere Welt, Frieden, Umweltschutz und den Kampf gegen Armut und Hunger eintrat.