Alpen brauchen mehr als eine Strategie
Der Klimawandel macht den Alpenraum besonders verwundbar. Veränderungen werden sich jedoch regional unterschiedlich auswirken. Eine Onlineplattform bündelt nun das Wissen darüber.
SALZBURG. Treibhausgase sind langlebig und wirken innerhalb des Klimasystems mit zeitlicher Verzögerung. Deshalb werden sich die Auswirkungen in den kommenden Jahrzehnten verstärken – ungeachtet aller Maßnahmen zugunsten des Klimaschutzes. Klar ist damit, dass neben dem Klimaschutz die Anpassung an den Klimawandel zusehends wichtig wird. Das trifft besonders Europas Alpenraum. Er wird von den Wissenschaftern des Weltklimarats der Vereinten Nationen (IPCC) zu den verwundbarsten Gebieten gezählt, die mit weitreichenden Folgen des Klimawandels zu rechnen haben. Dies ergibt sich vor allem durch die vertikale Höhengliederung, die verschiedene Klimazonen umfasst, durch Ökosysteme, die sehr sensibel sind, sowie durch die Veränderungen von Gletschern und Permafrost, die sich bis jetzt stabilisierend auf den alpinen Dauersiedlungsraum auswirkten und Schutz vor Naturgefahren boten. Nicht zuletzt betreffen kli- matische Auswirkungen auf den Alpenraum die Land- und Forstwirtschaft, das Wassermanagement, die Energiewirtschaft sowie den Tourismus, der ebenfalls ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist.
Eine Online-Wissensplattform bündelt nun erstmals Initiativen zur Klimaanpassung in den einzelnen Alpenregionen. Der Land- schaftsökologe und Geoinformatiker Hermann Klug ist für den Interfakultären Fachbereich Geoinformatik – Z_GIS der Universität Salzburg an dem Projekt beteiligt: „Bis jetzt war es nur schwer möglich, Informationen und Unterstützung im Umgang mit dem Klimawandel im Alpenraum zu bekommen. Es gab viele einzelne Projekte mit Handlungsempfehlungen, die aber nur auf ein Problem bezogen waren. Mit der Onlineplattform ist ein Informationspool entstanden, der einfach abrufbar ist. Jeder kann das vorhandene Wissen nutzen und sich einen Überblick verschaffen. Der Benutzer kann auch Erfahrungen einbringen“, sagt er. Es lassen sich damit zudem Maßnahmen abstimmen, damit nicht ein Problem beseitigt wird, aber gleichzeitig neue Schwierigkeiten geschaffen werden. Wasserknappheit, Überflutungen, Stürme und Dürren oder etwa Schädlinge machen nicht vor Grenzen halt. „Landwirte, Forstwirte, Politiker, Tourismusexperten wie auch die Spezialisten der Wildbach- und Lawinenverbauung oder der Feuerwehren können schauen, wo es Synergien gibt, aber auch, wo Konflikte möglich sind“, sagt Hermann Klug.
Ein Beispiel: Die Klimaforscher der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik haben für Österreich errechnet, dass plötzliche starke Regenfälle häufiger werden könnten. Die Frage ist, wie eine Gemeinde damit umgehen kann. Ist es besser, eine Staumauer zu bauen, oder ist es besser, dem Fluss Auslauf zu geben? Wie werden sich solche Maßnahmen auf die Nachbargemeinden auswirken?
„Es zeigt sich, dass es nicht die eine Strategie für den gesamten Alpenraum gibt, denn die Auswirkungen des Klimawandels in den einzelnen Regionen sind örtlich und zeitlich unterschiedlich. Damit muss die Strategie für jede Region maßgeschneidert werden“, stellt Hermann Klug fest.
Viele europäische Staaten haben im Auftrag der EU bereits Strategien zur Anpassung an den Klimawandel entworfen. Mit den Gemeinden soll das umgesetzt werden. Mithilfe der Wissensplattform haben lokale Ansprechpartner ein Werkzeug in der Hand. An dem Projekt waren 17 wissenschaftliche Institutionen, Ministerien und Behörden aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Italien und Slowenien beteiligt. Das österreichische Umweltbundesamt hat das Alpenraumprogrammprojekt koordiniert. Info:
„Jede Region benötigt ihre speziellen Maßnahmen.“