Giftskandal: Betroffene protestieren in Wien
Anrainer fürchten weiter um die Gesundheit ihrer Familien. Umweltlandesrat Holub will im Görtschitztal kein Gift mehr verbrennen.
KLAGENFURT. Rund zehn Monate nach Bekanntwerden des Umweltgiftskandals im Kärntner Görtschitztal haben sich die Wogen der Empörung unter den betroffenen Anrainern noch nicht geglättet. Im Gegenteil. Da „zwar viel geredet, aber wenig für die Menschen getan worden ist“, veranstaltet die Bürgerinitiative „Rettet das Görtschitztal“am 17. Oktober einen Protestmarsch in Wien.
„Wir fürchten nach wie vor um die Gesundheit unserer Familien“, sagt Viktoria Brandstetter, eine der Organisatorinnen der Protestveranstaltung. Neben dem „friedlichen Protestmarsch“sind auch eine heilige Messe „für eine gesunde Zukunft“im Stephansdom und eine Informationsveranstaltung „Chlorreiches Gift“geplant. „Wir wollen noch einmal die Fakten auf den Tisch legen und die Politiker zum Handeln auffordern“, betont Brandstetter.
Die Mutter zweier Kinder, die diese vom Umweltgift Hexachlorbenzol (HCB) als „hoch belastet“bezeichnet, überlegt bereits, das Görtschitztal zu verlassen. Wenn es zu keinem endgültigen Aus für die Müllverbrennung im Zementwerk Dietersdorf komme, habe das Leben in dem Kärntner Tal keinen Sinn mehr. Zahlreiche Landwirtschaften hätten massive Einbußen erlitten, bislang seien 1,5 Millionen Liter Milch und 500 Rinder entsorgt worden. Und: „Die Verzehrwarnungen für Produkte aus der Region sind teilweise aufrecht.“
Die Argumentation des Zementwerks, wonach rund 220 Arbeitsplätze in Gefahr seien, lässt die Aktivbürgerin nicht gelten: „Das Werk soll Zement produzieren, dagegen hat niemand was. Aber die Müllverbrennung gehört ein für alle Mal untersagt.“18 Protestmärsche in Kärnten hätten bislang noch keine Wirkung gezeigt, deshalb wolle man nun nach Wien gehen.
Der grüne Umweltlandesrat Rolf Holub kann die Sorgen der Anrainer im Görtschitztal „gut verstehen“. Es sei auch der Wunsch der Politik, dass im Görtschitztal nichts mehr verbrannt werde, sagt Holub. „Die beste Lösung wäre, den Giftmüll aus der Deponie Brückl und aus dem Tal wegzubringen und irgendwo zu verbrennen.“
Die Politik sei keinesfalls untätig, betont Holub, leider sorge unter anderem die Vermischung von Bundes- und Landesagenden für Verzögerungen. Wichtig sei aber, dass seit Anfang November des Vorjahres kein HCB mehr emittiert werde: „Das seit 1928 immer wieder belastete Tal wird sauber.“Für den Protestmarsch hegt Holub Sympathien.