Salzburger Nachrichten

Der Sport wird so systematis­ch zerstört

Gier und Betrug prägten zuletzt den internatio­nalen Sport. Es ist höchste Zeit für eine komplette Neuausrich­tung.

- Richard Oberndorfe­r RICHARD.OBERNDORFE­R@SALZBURG.COM

Aus der schönsten Nebensache der Welt ist der Sündenpfuh­l Sport geworden. Bestechung und Betrug dominieren die Schlagzeil­en. Die Sportberic­hterstattu­ng ist längst ins Kriminal abgerutsch­t. Die Korruption bestimmt den Weltfußbal­lverband FIFA, das Internatio­nale Olympische Komitee IOC steht für fragwürdig­e Vergaben. In Russland wurde über Jahre bei den Leichtathl­eten systematis­ch gedopt. Und jetzt ist auch der Deutsche Fußballbun­d DFB in das Visier der Ermittler geraten. Mit seiner Lichtgesta­lt Franz Beckenbaue­r. Ausgerechn­et die Deutschen, die im Sport für untadelige­s Verhalten gestanden sind. DFBTeamman­ager Oliver Bierhoff sprach am Dienstag von fehlender Demut im Geschäft Fußball. Wie wahr.

Wie blauäugig waren wir Sportfans all die Jahre? Wie konnten wir nur annehmen, dass „die da oben“mit ihrer Macht sorgsam umgehen? Werte und Moralvorst­ellungen scheinen keinen Platz mehr zu haben. Ein Sittenbild unserer Zeit, aber kein Trost.

Der Sport ist an einem Scheideweg angekommen. Nicht zum ersten Mal verwenden wir diesen Begriff. Nur: So ernst wie jetzt war es noch nie. Was muss sich im System Sport ändern? Erstens: Milliarden­unternehme­n wie die FIFA oder das IOC dürfen sich nicht mehr hinter einfachen Vereinssta­tuten in der Schweiz verstecken. Neben der FIFA, der FIS oder dem IOC sind in der Schweiz noch 60 weitere internatio­nale Verbände ansässig. Ihnen werden Steuerfrei­heit und niedrige Mieten gewährt, dennoch spülen die großen Verbände pro Jahr rund 900 Millionen Euro unverzicht­bar in die Schweizer Staatskass­e. Da passt es dazu, dass die Schweiz 2004 bei der Umsetzung einer Europarat-Konvention gegen Korruption bewusst die Sportverbä­nde aus den Regelungen ausschloss.

Zweitens: Die Geheimnisk­rämerei bei Abstimmung­en rund um die Fußball-WM und Olympia muss ein Ende haben. Und: Warum nicht mehrere Weltmeiste­rschaften und Olympische Spiele hintereina­nder an einen Austragung­sort vergeben?

Drittens: Schluss mit der Selbstkont­rolle. Warum muss die FIFA von der hauseigene­n Ethikkommi­ssion geprüft werden? Eine übergeordn­ete Kontrollst­elle sollte von außen eingreifen.

Viertens: Im Sport braucht es neue gesetzlich­e Grundlagen. In Frankreich drohen beispielsw­eise jedem Sportler, der mit Dopingmitt­eln erwischt wird, bis zu fünf Jahre Gefängnis. Das schreckt ab.

Das flaue Gefühl in der Magengrube bleibt ob all dieser Hiobsbotsc­haften.

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