Die Koalition wahrt ihr Gesicht
Mit dem Entwurf für eine Bildungsreform hat die Regierung ein Lebenszeichen von sich gegeben. Immerhin.
Kaum jemand hätte es der schwer angeschlagenen Koalition zugetraut, in Sachen Bildungsreform etwas Nennenswertes zustande zu bringen. Insofern ist die nun vorliegende Absichtserklärung (mehr ist es ja noch nicht) eine positive Überraschung.
In dem Reformpapier finden sich zahlreiche gute Ansätze, wie die Aufwertung des Kindergartens, was vor allem für die Deutschkenntnisse von Zuwandererkindern nur gut sein kann. Auch der geplante Ausbau der Schulautonomie weist in die richtige Richtung. Das Gleiche gilt für die versprochene Entpolitisierung der Direktorenbestellung und die Abschaffung der parteipolitisch besetzten Landesschulräte.
Zwei Hürden für eine Einigung wurden von SPÖ und ÖVP durch klassische großkoalitionäre Kompromisse genommen. Die erste Hürde war die Gesamtschule. Zu deren weiterer Erprobung werden nun „Modellregionen“in den Ländern erlaubt, die allerdings nur 15 Prozent der dortigen Schulen (dafür aber auch gegen deren Willen!) umfassen dürfen. Gymnasien und Privatschulen bleiben daneben weiter bestehen. Damit können beide Regierungsparteien ihr Gesicht wahren. Die erste Überprüfung der Erfahrungen in den „Modellregionen“soll 2025 stattfinden, womit die Koalition ihr ideologisches Streitthema für die nächsten zehn Jahre entschärft hat.
Die zweite Hürde war die Schulverwaltung. Hier wird nun eine gemischte Behörde von Bund und Ländern geschaffen, die zwar den Verfassungsrechtlern noch schlaflose Nächte bereiten wird, aber wiederum beiden Seiten – in diesem Fall dem Bund und den Ländern – die Gesichtswahrung ermöglicht.
Man könnte nun einwenden (und Kritiker von allen Seiten tun dies auch), dass eine große Reform mehr bringen müsse als gewahrte Gesichter. Das stimmt. Aber man ist bescheiden geworden. Die Regierung ist an den großen Klippen nicht zerschellt, sondern hat sie halbwegs elegant umschifft, und erzielte dafür Fortschritte im Kleinen. Mehr konnte man von ihr nicht erwarten.
Vieles bleibt in diesem Reformpapier offen. Etwa die Frage nach den Kosten des zweiten verpflichtenden Kindergartenjahres. Oder die Frage, ob es nicht ein neues Dienstrecht braucht, wenn ein Schuldirektor schlechte Lehrer künftig ausbooten darf.
Was sich in der Schulreform nicht findet, ist ein Hinweis auf die wichtige Rolle, die den Eltern zufällt. An ihnen liegt es, ihren Kindern durch persönliches Vorbild die Faszination von Bildung und Kultur zu vermitteln. Verantwortungsvolle Eltern tun das.
ALEXANDER.PURGER@SALZBURG.COM