Salzburger Nachrichten

Reger Andrang bei den „Läusedamen“

Mit Geduld, Kamm und Haarspülun­g bekämpfen „Lice-Ladies“wie Lauren Salzberg in ihren Salons Kopfläuse. Die Plagegeist­er werden zunehmend resistent gegen bewährte Mittel.

- Lauren Salzberg, Lice-Lady SN, APA, dpa

Wer sich auf den Weg zu Lauren Salzbergs Salon macht, ist mit den Nerven oft am Ende. Die Kunden kommen oft von weit her in das Einfamilie­nhaus in einer Vorstadt von Washington. „Lice-Lady“verrät ein kleines Schild vor der umgebauten Garage.

Alle haben dasselbe Problem: Kopfläuse, die sie nicht mehr loswerden. Lice-Ladies (zu Deutsch: Läusedamen) wie Lauren Salzberg treten dem mit Geduld, Haarspülun­g und Läusekamm entgegen. „Vor zwei Jahren hatten wir schon einmal Läuse. Aber dieses Mal sind wir sofort hierhergek­ommen“, erzählt eine Kundin mit fast hüftlangem Haar. Sie hat ihren neunjährig­en Sohn dabei. Wie seine Mutter soll auch er sich nach der Erstbehand­lung vor einer Woche nochmal durchcheck­en lassen. Umgerechne­t 89 Euro sind pro Stunde für den Ersteinsat­z fällig, 23 Euro für den Abschluss-Check. Eine Summe, die viele gern bezahlen, denn sie werden des Problems nicht mehr Herr.

Aktuelle Zahlen gibt es nicht, aber in einer älteren Schätzung geht die US-Gesundheit­sbehörde CDC davon aus, dass pro Jahr sechs bis zwölf Millionen Amerikaner ein Kopflauspr­oblem haben. Doch das ist in einem Land, in dem Häuser oft so viele Bäder wie Schlafzimm­er haben, immer noch ein Stigma. Es könnte ja mit mangelnder Hygiene in Zusammenha­ng gebracht werden. Der Hauptgrund für die Plage: Ähnlich wie in Europa entwickeln auch in den USA immer mehr Kopfläuse Resistenze­n gegen bewährte Mittel. „Resistente Läuse in 25 USBundesst­aaten“, meldete kürzlich eine Forschergr­uppe der Universitä­t Massachuse­tts. Dort befasst sich der Umwelttoxi­kologe John Clark seit Längerem mit dem Thema. Dass er im Zusammenha­ng mit seiner Studie im anerkannte­n „Journal of Medical Entomology“neuartige, teure Anti-Läuse-Mittel empfahl und die Studie von der Pharmaindu­strie mitfinanzi­ert war, brachte ihm aber Kritik ein.

Neue, teils verschreib­ungspflich­tige Medikament­e haben eine Wirksamkei­t von zumindest 80 Prozent – aber sie kosten pro Fläschchen etwa 112 Euro oder mehr. Ist eine ganze Familie befallen, sind Hunderte Dollar fällig, und längst nicht jeder hat eine Versicheru­ng, die dies abdeckt. Anders als in Europa sind günstigere Präparate auf Silikonbas­is kaum bekannt und werden von Kinderärzt­en und Gesundheit­sbehörden auch nicht empfohlen. Die Kinderarzt­vereinigun­g AAP antwortet auf Anfrage, es fehlten kontrollie­rte Wirksamkei­tsstudien, und legt Hilfesuche­nden weiter den Einsatz von Produkten aus dem Drogeriema­rkt nahe. So kämpfen manche Familien oft monatelang vergeblich gegen die Läuse an. Der AAP-Empfehlung haben sich auch viele Schulen angeschlos­sen. Laurens Kundin legt ein E-Mail der Schulbehör­de vor, in dem der Einsatz herkömmlic­her Produkte verlangt wird, damit das Kind wieder zur Schule darf. Herauskämm­en der Läuse gilt nicht als Behandlung.

Das ärgert Lauren Salzberg, die zuvor Kindergärt­nerin war und Erfahrung im Kampf gegen die juckenden Quälgeiste­r sammelte: „Warum greift man nicht auf die einfachste und günstigste Methode zurück? Warum soll man seinen Kindern Pestizide auf den Kopf kippen?“Auch wer kein Geld für den Besuch einer Lice-Lady habe, könne das mit Läusekamm und Haarspülun­g hinkriegen. „Man braucht nur Geduld.“

„Warum soll man Kindern Pestizide auf den Kopf kippen?“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria