Der Langsamkeit Raum geben
Morton Feldman und Constantin Luser bei den Salzburger „Dialogen“.
Purpurfarbene Liegematten bedeckten den Boden der Galerie Mauroner in der Salzburger Residenz, Decken und Hausschuhe standen bereit. Die Stimmung erinnerte an den Ort einer Gruppenmeditation, einzig die Räucherstäbchen fehlten. Doch die Situation war klug gewählt, auf dem Programm stand das Streichquartett Nr. 2 von Morton Feldman, das der amerikanische Komponist 1983, vier Jahre vor seinem Tod, schrieb.
Es ist ein selten gespieltes Stück, nicht zuletzt aufgrund seiner Länge. Die Dauer variiert je nach Spielart, also ob alle Wiederholungen gespielt werden oder nicht, zwischen rund vier und sechs Stunden. Eine radikale Herausforderung für Hörer und Musiker. Das Streichquartett des Österreichischen Ensembles für Neue Musik (oenm) tendierte, beflügelt von der Akustik der Gewölberäume, in Richtung längerer Variante, und so war man gut beraten das mitzubringen, was das Stichwort der diesjährigen „Dialoge“ist: Zeit – um zu erleben, wie Feldman dieses abstrakte Konstrukt auflöst, indem er den Ton über dessen Ablauf hinaus verlängert. Denn Feldman hat seiner Musik kompromisslos eingeräumt, sich auszuatmen, zu verklingen. Gespielt wurde ohne Pausen. Kommen und gehen konnte man jedoch nach Belieben. Es war eine marathongleiche Höchstleistung der vier Streicher Ekkehard Windrich, Michaela Girardi, Jutas Javorka und Peter Sigl.
Der Spielort wurde auch deshalb gewählt, weil es galt Musik in ein Zwiegespräch mit bildender Kunst zu verwickeln. Feldmans Schaffen war beeinflusst von den amerikanischen Nachkriegsexpressionisten wie Mondrian, Rothko oder de Kooning; er widmete ihnen zahlreiche Kompositionen. Für diese „Dialoge“war es Constantin Luser, der seine hauchzarten Raumzeichnungen mit dem Feldman’schen Klang auf die Reise schickte. Und so schwebten, an unsichtbaren Fäden, über den Köpfen des Publikums die filigranen Drahtskulpturen aus dem Zeichenuniversum des Steirers.
Dass die Fragilität beider OEuvres wunderbar miteinander korrespondiert, zeigte eine weitere Begegnung zwischen Feldman und Luser. Am Donnerstag gab Alexander Melinkov Feldmans spätes Solostück für Klavier, „Triadic Memories“, im Mozarteum: ein leises Werk, das mit Wiederholung, Variation und Erinnerung spielt. Melinkov verführte 90 Minuten lang in einen Klangkosmos jenseits von Zeit und Raum. Vor dem Flügel war Lusers Messinginstallation zu erleben, deren schwebende Elemente mit dem Luftzug tanzten. Das SkulpturenTriptychon enthält, wie frühere Arbeiten, Blasinstrumente und verbrüdert meisterhaft Robustes mit Zartem. Zwei Sinnesabenteuer in einem spannenden Programm.
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