Land gesucht, am besten das eigene
Maria da Glória gehört zu einem Volk, das zur Kolonialzeit von seinem Land vertrieben wurde. Sie will es zurück.
Mit ihrem Federschmuck an Haar und Ohren ist Maria da Glória ein Farbtupfer auf dem Salzburger Makartplatz. „Hier kann ich solchen Schmuck tragen. Wenn ich zu Hause in die Stadt fahre, nicht. Viele dort sehen das als Provokation, um mich anzugreifen“, sagt sie.
Zu Hause ist Serra do Padeiro, ein im brasilianischen Bundesstaat Bahia gelegenes Dorf, dessen Dächer sich unter Baumkronen, die zum letzten Rest des atlantischen Regenwalds gehören, ducken. Maria da Glória gehört zum Volk der Tupinambá. Die Tupinambá lebten einst unweit jener Stelle, wo am 22. April des Jahres 1500 der portugiesische Seefahrer Pedro Álvares Cabral Brasilien erreichte. Danach lebten sie dort nicht mehr lang. „Die neuen Kolonialherren massakrierten die indigene Bevölkerung und vertrieben sie. Die, die sich retten konnten, zogen ins Landesinnere, in weniger fruchtbare Gebiete“, berichtet Maria da Glória. Die Kolonialzeit endete im Jahr 1822. Land und Felder sind aber oft noch immer so verteilt wie damals. Das bedeutet: viel Land in wenigen Händen.
Wie einige andere indigene Völker in Brasilien fordern die Tupinambá ihr Land zurück, auf dem große Plantagen angelegt wurden. Sie begannen den Kampf um das Land ihrer Vorfahren im Jahr 2000 – und führen ihn mit wachsender Ungeduld fort. Aufgrund von Verzögerungen bei der Identifizierung von Grundstücken und der Klärung von Ansprüchen durch die Regierungsbehörde für indigene Angelegenheiten (FUNAI) kommt es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Indigenen und der Bundespolizei. Marias Söhne, drei an der Zahl, wurden immer wieder inhaftiert. Einmal sogar für ein halbes Jahr. „Seit 2009 ist das Gutachten der Anthropologen fertig. Es bestätigt, dass es sich um unser Land handelt und wo die Grenzen dieses Landes verlaufen“, schildert Maria da Glória. „Aber die Enteignung der Großgrundbesitzer steht aus.“Manchmal liege es daran, so sagt sie, dass die Großgrundbesitzer mit der Höhe der Entschädigungszahlung nicht einverstanden seien. Manchmal liege es daran, dass es Indigene seien, die das Land wollten. „Wir werden von der Gesellschaft ausgegrenzt. Viele wollen uns das Land schlichtweg nicht geben. Da zahlen sie lieber hohe Prozesskosten.“So vergehen Jahre.
Während Maria da Glória und etwa 3800 andere Tupinambá darauf warten, dass über ihre Ansprüche entschieden wird, sind sie Einschüchterungen und Drangsalierungen seitens der Grundbesitzer ausgesetzt und werden in extreme Armut getrieben, kritisiert die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Nach Jahren der Untätigkeit der Gerichte verhelfen sich manche inzwischen selbst zu ihrem Recht und besetzen Grundstücke, die ihnen bereits versprochen wurden. Das verschärft den Konflikt. Und macht selbst das Tragen von Federschmuck gefährlich.