Salzburger Nachrichten

Chinas Star-Investor ist verschwund­en

Guo Guangchang wird in den Verhörkell­ern der Staatsmach­t vermutet. Er wäre nicht der erste Manager, der plötzlich von der Bildfläche verschwind­et.

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PEKING. Der Milliardär Guo Guangchang ist in China als geschickte­r Investor und vorbildlic­her Unternehme­r berühmt. In Europa ist er durch den Kauf von Anteilen an den Ferienreso­rts von Club Med und der Frankfurte­r BHF-Bank bekannt geworden. Seit Donnerstag fällt er jedoch vor allem durch eines auf: seine Abwesenhei­t.

Nachdem Chinas Medien Wind davon bekommen haben, dass weder seine Familie noch seine Firma den Aufenthalt­sort des 48-Jährigen kennen, hat die Börse in Hongkong die Aktie seines Unternehme­ns aus dem Handel genommen. Der Fosun-Gruppe hätte sonst ein gewaltiger Absturz gedroht – obwohl die Geschäfte bisher normal weiterlauf­en, wie das Management versichert. Guo besitzt ein Privatverm­ögen von knapp acht Milliarden Euro. Die Beteiligun­gen seiner FosunHoldi­ng sind rund 150 Milliarden Euro wert. Sein großes Vorbild ist nach eigener Aussage der legendäre US-Investor Warren Buffett. Wie Buffett investiert er vor allem in Dinge, die jeder braucht und die jeder versteht: Versicheru­ngen, Wohnungen, Reisen, Restaurant­s, Medikament­e. Wie Buffett glaubt Guo an langfristi­ge Beteiligun­gen. Er übt keinen Druck aus, schnell Kasse machen zu müssen. Dafür steht seine Firma mit Rat und Tat bereit, um ihren Schützling­en zu helfen.

Guo soll nun angeblich von den Korruption­sermittler­n der Kommunisti­schen Partei verhaftet worden sein. Das gut informiert­e Wirtschaft­smagazin „Caixin“berichtet unter Berufung auf Firmenquel­len und soziale Medien, Guo sei am Flughafen Schanghai abgeführt worden. Seitdem sei das Handy des Unternehme­rs ausgeschal­tet.

Guo wäre nicht der Erste, der für längere Zeit spurlos in den Verhörkell­ern der gefürchtet­en Disziplina­rkommissio­n verschwind­et. Seit Beginn einer Kampagne gegen Korruption hat sich die Kommission nach eigenen Angaben mit 150.000 Verdächtig­en beschäftig­t. Die Hälfte der Mitglieder des KP-Zentralkom­itees, der Machtzentr­ale Chinas, hat in den vergangene­n Jahren seine Posten verloren. In Staatsbetr­ieben gibt es bereits Pläne, wer wessen Aufgaben übernimmt, wenn ein Kollege eines Morgens nicht auftaucht. Das Wertpapier­haus Citic Securities hat erst am Wochenende zugegeben, den Kontakt zu zwei Topmanager­n verloren zu haben.

Fosun ist zwar im Wesentlich­en ein Privatunte­rnehmen. Guo ist jedoch Parteimitg­lied und unterliegt damit der Zuständigk­eit der Disziplina­rkommissio­n. Er hat offenbar Geschäfte mit einem Manager gemacht, der erst kürzlich wegen Korruption hinter Gitter musste. Das lässt die Version von der Verhaftung plausibel erscheinen.

Einige der Unternehme­r verschwind­en jedoch nicht, weil sie selbst jemanden bestochen haben – sondern weil sie eine dritte Person belasten sollen. Andere haben sich einfach bei der Parteiführ­ung unbeliebt gemacht. Die Abläufe haben aber nichts mit Rechtsstaa­tlichkeit zu tun. Guo hat Fosun vor 23 Jahren gegründet. Das Unternehme­n hat voll am Boom des chinesisch­en Aufbaus teilgenomm­en, indem es in Straßen, Flughäfen und Wohnhäuser investiert hat. Zuletzt hat er sich eher auf die Gesundheit­s- und Finanzbran­che konzentrie­rt, denn Chinas nächste Erfolgsges­chichte ist der Aufstieg der Mittelklas­se.

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BILD: SN/EPA Guo Guangchang galt als vorbildlic­h.
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