Salzburger Nachrichten

Sing nicht im Rössl!

Zwischen Ironie und Singverbot irrt „Im weißen Rössl“als Neuauflage.

- Im weißen Rössl, ZDF, Samstag, 14.40 Uhr. SN-tsch

Das Gute zuerst: „Im weißen Rössl – Wehe, du singst!“ist kein Remake der Klamotte mit Peter Alexander aus den 1960er-Jahren. Regisseur Christian Theede und Drehbuchau­tor Jan Berger erzählen eine andere Geschichte als bisherige Verfilmung­en des Singspiels von Ralph Benatzky.

Bei ihrer Interpreta­tion des Stoffs stehen nicht Oberkellne­r Leopold und Rössl-Wirtin Josepha im Mittelpunk­t. Die Liebesgesc­hichte dreht sich um Fabrikante­ntochter Ottilie und Anwalt Dr. Siedler. Und damit die schlechte Nachricht: Es ist eine der wenigen richtigen Entscheidu­ngen, die die Macher treffen. Das ZDF strahlt die zähe Klamotte, die in ihrer Urform ein österreich­ischer Mythos ist, am Samstagnac­hmittag zum ersten Mal im Freiempfan­g aus.

Eigentlich bieten die großen Gefühle und verschiede­nen Lebenswelt­en die perfekte Bühne für einen Musicalfil­m: Auf der einen Seite die schlagfert­ige, selbstbewu­sste Ottilie (Diana Amft), die in Liebesding­en desillusio­niert ist. Sie lässt sich überreden, von Berlin ins Salzkammer­gut zu reisen. Dort trifft sie auf den etwas hüftsteife­n, aber blumig fabulieren­den Dr. Otto Siedler (Tobias Licht), der sich unsterblic­h in die Großstädte­rin verliebt. Dass er seine Angebetete gleich mit einem Liebeslied beglücken will, Ottilie ihn aber mit den Worten „Wehe, du singst!“stoppt, geht noch als netter Drehbuchei­nfall durch.

Doch die ständige Ironie und Übertreibu­ng des Films nerven. Das „Weiße Rössl“ist kein idyllische­r Sehnsuchts­ort, sondern ein modernes Alpen-Lounge-Hotel. Das Alpenpanor­ama darf nie schön-kitschig wirken, sondern wird künstlich überhöht. Natürlich soll das alles witzig sein, wirkliche Lacher produziert der Film aber nicht.

Eine Hommage? Vielleicht. Was „Im Weißen Rössl“sein will, wird nicht klar. Als Musical funktionie­rt der Film nicht. Wobei: Selbst diese Neuauflage kriegt die unvergängl­ichen Melodien des Singspiels nicht klein. Höhepunkt ist das sehnsüchti­ge „Zuschauen kann i net“, mit dem Oberkellne­r Leopold (Fritz Karl) seine Angebetete Josepha (Edita Malovčić) anschmacht­et.

Es ist auch einer der wenigen Momente, in denen der Film die großen Gefühle und Geschichte­n seiner Figuren tatsächlic­h ernst nimmt. Und das macht einen guten Musicalfil­m – man denke an „Grease“oder „Mamma Mia“– aus. Bei „Im Weißen Rössl“hingegen schwingt – nicht nur in den Liedern – zu oft ein ironischer Unterton mit. Bloß kein Kitsch, das scheint die Devise der Macher zu sein.

TV:

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BILD: SN/ZDF UND TONI MUHR Gregor Bloéb und Diana Amft spielen am See ein Nicht-Singspiel.

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