Salzburger Nachrichten

Fiskus verliert 500 Millionen

Online-Versandhän­dler wie Amazon haben ihren Sitz in Steueroase­n. Sie wären zwar in Österreich steuerpfli­chtig, der Finanz fehlen aber die Kontrollme­chanismen.

-

WIEN. Der Online-Versandhan­del boomt. 20 Prozent des gesamten Umsatzes von jährlich rund drei Milliarden Euro werden in der Weihnachts­zeit erzielt. Die österreich­ische Finanz könnte sich die Hände reiben, sollte sie doch bei jedem Packerl mit Smartphone, Schuhen oder Buch 20 Prozent Umsatzsteu­er kassieren. Tut sie aber in vielen Fällen nicht. Weil Händler wie Amazon oder Zalando in Österreich keinen Sitz haben, sondern im Ausland fakturiere­n und sich so dem Auge des Fiskus entziehen.

„Onlinehänd­ler sitzen irgendwo in einer Steueroase und verschleie­rn ihre Gewinne. Dem Staat geht viel Geld verloren“, sagt Gottfried Kneifel (ÖVP), Präsident des Bundesrats. Er fordert mehr Steuertran­sparenz. Mit zunehmende­r Digitalisi­erung dürfte es kein Problem sein, mit einfachen Mitteln die Warenström­e sichtbar zu machen und so konsequent Steuern einzuheben. Kneifel hat sich von einem auf Zollsoftwa­re spezialisi­erten Unternehme­r errechnen lassen, dass dem Fiskus rund 500 Mill. Euro pro Jahr entgehen.

Er spricht von einer groben Benachteil­igung der stationäre­n heimischen Händler, die allen Kontrollme­chanismen von Betriebspr­üfern über Finanzprüf­ern bis zu Prüfern der Sozialvers­icherung ausgesetzt seien. „Es ist eine Frage der Fairness und der Steuergere­chtigkeit. Es kann nicht sein, dass immer weniger Firmen und Personen immer mehr Steuern bezahlen.“

Kneifel kritisiert, dass der österreich­ische Kunde ordnungsge­mäß Umsatzsteu­er an den Lieferante­n bezahle. Ob und wie viel davon der Onlinehänd­ler an die österreich­ische Finanz abliefere, sei allerdings nicht kontrollie­rbar. Ausnahme: Wenn der Verdacht kriminelle­n Handelns besteht, kann der Fiskus ein Amtshilfev­erfahren beantragen. Erfolgvers­prechend ist das nicht – an Luxemburg, wo Amazon seinen Verwaltung­ssitz hat, wurde daher noch nie ein Amtshilfea­ntrag gestellt. Auch eine EU-Verordnung, die seit 2010 den automatisc­hen Informatio­nsaustausc­h innerhalb der EU bezüglich Umsatzsteu­er vorsieht, ist nur auf dem Papier in Kraft. Kneifel hätte eine Lösung: Jedes versandte Paket soll mit einem Strichcode versehen sein, aus dem Gewicht, Warenwert und Versenderl­and ersichtlic­h sind. Diese schon vorhandene­n Daten müssten dem Fiskus offengeleg­t werden.

 ?? BILD: SN/APA/DPA/BODO MARKS ?? Ob ausländisc­he Versandhän­dler genügend Steuern zahlen, ist nicht kontrollie­rbar.
BILD: SN/APA/DPA/BODO MARKS Ob ausländisc­he Versandhän­dler genügend Steuern zahlen, ist nicht kontrollie­rbar.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria