Die EU muss im Kurden-Konflikt vermitteln
Schon seit langer Zeit heißt es, dass dieser Konflikt mit militärischen Mitteln nicht zu lösen sei. Trotzdem beherrscht militärische Gewalt schon wieder die Szene. Im Südosten der Türkei setzt sich jetzt jene kriegerische Konfrontation fort, die dem Land bereits seit Jahrzehnten so schwer schadet: Militante Anhänger der verbotenen Untergrundbewegung PKK begehren auf. Die türkische Armee feuert auf PKK-Stellungen in kurdischen Ortschaften.
Dabei sind beide Seiten – türkischer Staat und kurdische Minderheit – längst auf einem besseren, vernünftigeren Weg gewesen. Recep Tayyip Erdoğan, der starke Mann in der Türkei, leitete einen Aussöhnungsprozess ein. Der inhaftierte PKKFührer Abdullah Öcalan erklärte den bewaffneten Aufstand für beendet. Die Regierung begann, den Kurden kulturelle Rechte zu verschaffen.
Warum ist die Türkische Republik wieder so weit zurückgeworfen worden? Der eine Grund hat mit dem Syrien-Konflikt zu tun. Im Bürgerkrieg des Nachbarlandes haben kurdische Verbände eine eigene Zone erkämpft. In Ankara schoss die Angst hoch, dass dies neue Autonomiebestrebungen der türkischen Kurden wecken könnte. Das türkische Trauma schlechthin: ein Kurdenstaat, der die nationale Einheit infrage stellt.
Der andere Grund ist hausgemacht. Erdoğans Partei hat voriges Jahr die absolute Mehrheit verloren, weil die Kurdenpartei HDP ins Parlament einzog. Darum aktualisierte Erdoğan den Kurden-Konflikt, um bei Neuwahlen wieder die absolute Macht zu erlangen. Die HDP hat nicht verhindert, dass die PKK-Guerillas wieder zu den Waffen griffen. Mittlerweile lässt Erdoğan die Justiz gegen HDP-Führer vorgehen, die er als Verhandlungspartner braucht. Eine politische Sackgasse.
Die Türkei kann den inneren Konflikt nicht aus eigener Kraft lösen. Sie braucht einen äußeren Vermittler. Das ist ein Job für die EU. Sie ist zwar erpressbar, weil sie Ankara in der Flüchtlingsfrage braucht. Aber Ankara ist angesichts der Konflikt-Eskalation in Nahost ebenfalls auf die EU angewiesen. Leisetreterei in der Kurdenfrage ist somit das falsche Rezept.