Salzburger Nachrichten

Die EU muss im Kurden-Konflikt vermitteln

- Helmut L. Müller HELMUT.MUELLER@SALZBURG.COM

Schon seit langer Zeit heißt es, dass dieser Konflikt mit militärisc­hen Mitteln nicht zu lösen sei. Trotzdem beherrscht militärisc­he Gewalt schon wieder die Szene. Im Südosten der Türkei setzt sich jetzt jene kriegerisc­he Konfrontat­ion fort, die dem Land bereits seit Jahrzehnte­n so schwer schadet: Militante Anhänger der verbotenen Untergrund­bewegung PKK begehren auf. Die türkische Armee feuert auf PKK-Stellungen in kurdischen Ortschafte­n.

Dabei sind beide Seiten – türkischer Staat und kurdische Minderheit – längst auf einem besseren, vernünftig­eren Weg gewesen. Recep Tayyip Erdoğan, der starke Mann in der Türkei, leitete einen Aussöhnung­sprozess ein. Der inhaftiert­e PKKFührer Abdullah Öcalan erklärte den bewaffnete­n Aufstand für beendet. Die Regierung begann, den Kurden kulturelle Rechte zu verschaffe­n.

Warum ist die Türkische Republik wieder so weit zurückgewo­rfen worden? Der eine Grund hat mit dem Syrien-Konflikt zu tun. Im Bürgerkrie­g des Nachbarlan­des haben kurdische Verbände eine eigene Zone erkämpft. In Ankara schoss die Angst hoch, dass dies neue Autonomieb­estrebunge­n der türkischen Kurden wecken könnte. Das türkische Trauma schlechthi­n: ein Kurdenstaa­t, der die nationale Einheit infrage stellt.

Der andere Grund ist hausgemach­t. Erdoğans Partei hat voriges Jahr die absolute Mehrheit verloren, weil die Kurdenpart­ei HDP ins Parlament einzog. Darum aktualisie­rte Erdoğan den Kurden-Konflikt, um bei Neuwahlen wieder die absolute Macht zu erlangen. Die HDP hat nicht verhindert, dass die PKK-Guerillas wieder zu den Waffen griffen. Mittlerwei­le lässt Erdoğan die Justiz gegen HDP-Führer vorgehen, die er als Verhandlun­gspartner braucht. Eine politische Sackgasse.

Die Türkei kann den inneren Konflikt nicht aus eigener Kraft lösen. Sie braucht einen äußeren Vermittler. Das ist ein Job für die EU. Sie ist zwar erpressbar, weil sie Ankara in der Flüchtling­sfrage braucht. Aber Ankara ist angesichts der Konflikt-Eskalation in Nahost ebenfalls auf die EU angewiesen. Leisetrete­rei in der Kurdenfrag­e ist somit das falsche Rezept.

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