UngewisseZukunft Ungewisse Zukunft
Die Makler stehen vor großen und teils neuen Herausforderungen. Ein neues Provisionsmodell wird überlegt, die sozialen Medien eröffnen völlig neue Perspektiven.
Die Dienste eines Immobilienmaklers stehen seit jeher unter Beobachtung. Denn neben den schwarzen Schafen, die es wohl in jeder Branche gibt, sorgt auch die Frage der Provision regelmäßig für öffentliche Diskussionen. Auf der Strecke bleiben dabei die Leistungen und Dienste, die tagtäglich von der Branche erbracht werden. Gleichzeitig werden die Anforderungen höher, der Konzentrationsprozess geht weiter und auch Social-Media-Kanäle nehmen immer mehr Einfluss auf das Marktgeschehen. „Viele Private haben in den vergangenen Jahren in Wohnraum investiert, der nicht von ihnen selbst genutzt wird. Dazu sollen Beratung und Weitergabe von Know-how des Maklers möglichst nichts kosten“, sagt Georg Spiegelfeld, Präsident des Immobilienrings (IR): „Mut und Visionen sind unabdingbar, um Antworten zu finden und neue Lösungen zu entwickeln. Der Kunde ist das Nonplusultra. Größte Transparenz, beste Dienstleistung und Kooperationen am Markt sind die Assets der Zukunft.“
Transparenz braucht es bei Informationen und Kosten. Spiegelfeld: „Wir brauchen Transparenz, damit der Kunde Qualität und Professionalität klar erkennen kann. Nur Transparenz führt zu einem Gleichgewicht am Markt und zu einer fairen Preispolitik. Denn die einzige Frage die sich uns stellen darf, ist die, was der Kunde will.“Im angloamerikanischen System sei der Makler aufgrund seines kompetenten Serviceangebots ein anerkannter Teil der Gesellschaft. Rund 45 Prozent eines Maklergeschäfts kommt über Empfehlung zufriedener Kunden zustande. Dort wird mit sogenannten MultiListing-Services (Immobilienplattformen für Makler, die über eine Datenbank Zugriff zu den Objekten anderer Makler haben) gearbeitet. „Makler in Kanada oder den USA haben keine Bedenken, ihre Objekte anderen Maklerkollegen offenzulegen. Der Vorteil größerer Auswahl und schneller Verwertung überwiegt“, erklärt Spiegelfeld.
Ein ähnliches System hat der Immobilienring IR für seine Mitgliedskanzleien mit rund 400 Maklern in ganz Österreich aufgebaut. Ausgetauscht wird, wenn etwa ein Kunde eine Immobilie in einer anderen Stadt, einem anderen Bundesland oder Ausland sucht oder Spezialisten gebraucht werden. „Sich in die Karten schauen zu lassen und dabei auch ein gutes Geschäft zu machen ist in Österreich fast noch ein Kulturschock“, resümiert Spiegelfeld neun Jahre nach Einführung: „Grundsätzlich können Makler mit einer übergreifenden und transparenten Zusammenarbeit nur gewinnen, Alleingänge sind Schnee von gestern.“
Dennoch müssen die Makler darauf schauen, dass das Geschäft nicht abwandert. Private inserieren auf Suchplattformen oder lancieren ihre Miet- und Eigentumswohnungen auf Facebook, Twitter & Co. So bildet sich auf Social-Media-Kanälen ein Markt, der Immobilienmaklern Konkurrenz macht. Spiegelfeld: „Eine Wohnung anzubieten und Besichtigungen durchzuführen ist in erster Linie Zeitaufwand. Nicht zu unterschätzen ist das notwendige Know-how des Immobilienmaklers zur Bewertung der Immobilie, zur bau- und vertragsrechtlichen Beratung sowie zur Prüfung der Verkaufsoder Mietunterlagen.“Und vor allem übernimmt der Makler Haftung und Gewährleistung für alle Angaben zum Objekt. Bei unrichtigen Angaben hat der Konsument alle Möglichkeiten, dies einzuklagen und die Kosten eines Schadens ersetzt zu bekommen.
Andreas Gressenbauer, Vizepräsident des IR ergänzt: „Österreich ist noch immer nicht am Dienstleistungssektor angekommen. Service und Beratung sollen nichts kosten.“Der Aufwand des Vermittlungsprozesses bis zur Vermietung einer Wohnung liege bei etwa 15 Stunden, dazu kommen noch die Kosten der Insertionen. „Seit der Regelung von zwei Monatsmieten Provision rechnet sich dieses Geschäft für die meisten Makler nicht mehr. Denn die Abgeber sind meist nicht zur Zahlung einer Provision bereit“, kritisiert Gressenbauer. Die Ursache vieler Missverständnisse liege im Provisionssystem, das sich ausschließlich am Erfolg orientiere. „Wir müssen darüber nachdenken, ob dieses System nach heutigem Stand für die Vermittlung von Mietwohnungen noch zeitgemäß ist“, meint Gressenbauer. „Wir haben dazu bereits vor fünf Jahren eine Arbeitsgruppe mit Personen aus Politik, Interessenvertretungen und Unternehmen vorgeschlagen, leider hat sich bis heute dazu nichts bewegt.“Daher habe der IR eine eigene Immobilien-Denkwerkstatt eingerichtet.
Gressenbauer könnte sich bei der Vermittlung von Mietwohnungen bis zu einer definierten Monatsmiete beispielsweise ein Tarifsystem, ähnlich wie bei der Verrechnung von Honoraren freier Berufe, wie Ärzten, Anwälten oder Steuerberatern, vorstellen. „Die Klienten zahlen nur mehr für bezogene Einzelleistungen, unabhängig davon, ob ein Vertrag zustande kommt oder nicht“, erklärt Gressenbauer. Anfrage und Erstellung eines Kurzexposés mit den relevanten Eckdaten bilden die Basis und kosten nichts. Einzelleistungen wie Besichtigungen, Verhandlungen mit dem Vermieter, Angebotserstellung, Mietvertragserrichtung, Vergebührung etc. werden nach einem Tarif verrechnet. Den Vertragsparteien bleibt es freigestellt, welche Leistungen in Anspruch genommen werden.
Eine andere Möglichkeit sieht Spiegelfeld darin, die Kosten der Vermittlung in die Betriebskosten einzurechnen, ähnlich wie bei Abschlüssen von Versicherungen, wo die Prämien in die monatlichen Beiträge eingerechnet werden. „Dieses System würde vor allem serviceorientierte Makler bevorzugen“, sagt Spiegelfeld. Der Makler würde auch nach einem Abschluss weiter am Kunden interessiert sein und sich um dessen Zufriedenheit kümmern. Er würde informiert, falls der Vertrag auslaufe oder aufgelöst werde und hätte die Chance, sich auch um das Neugeschäft bemühen. „Die Umsetzung dieses Modells ist sehr schwierig. Aber wir müssen bereit sein, alle Möglichkeiten zu diskutieren.“
Nach dem Motto „Grundbuch statt Sparbuch“haben sich viele Private in den vergangenen Jahren eine Eigentumswohnung in den Städten im mittleren Preissegment gekauft. Diese werden teils für eigene Kinder etwa während des Studiums genutzt. Werden sie frei, kommen sie als Mietwohnung oder für Kurzzeitvermietung auf den Markt. „Viele nutzen dazu Plattformen wie Airbnb, 9flats oder Wimdu. Für Rechtsunkundige kann die Nachnutzung problematisch werden“, warnt Spiegelfeld vor unliebsamen Folgen.
Drei Mal jährlich befragt der IR seine Mitgliedsbetriebe um kurzfristige Einschätzungen zur Angebots- und Preisentwicklung sowie zu Kundenbedürfnissen. Die jüngste Befragung zeigte für Ostösterreich eine weiter rückläufige Nachfrage bei Eigentumswohnungen, während die nach Mietwohnungen etwa auf gleichem Niveau ist wie im ersten Halbjahr. Wieder gefragt sind Einfamilienhäuser, vor allem in Niederösterreich, ebenso wie Grundstücke als wiederentdeckte Wertanlage dienen. Auch im Westen Österreichs ist der Wunsch nach Eigentumswohnungen eher flau. Bei Mietwohnungen und Einfamilienhäusern steigt das Interesse gegenüber den Vormonaten dieses Jahres wieder etwas an. Kärnten verzeichnet eine hohe Nachfrage nach Einfamilienhäusern und ein gleichbleibendes Niveau für Eigentumswohnungen. In West- und Südösterreich sind die Preise bei Eigentums- und Mietwohnungen gegenüber dem ersten Halbjahr unverändert, nur in Ostösterreich waren noch teilweise Steigerungen zu vermerken. Die Preise bei Einfamilienhäusern sind in Westösterreich weitgehend unverändert. Grundstücke sind die neuen Anlageobjekte. Hier sind Preissteigerungen über alle Bundesländer zu verzeichnen, die meisten in Kärnten.
Bei der Wohnungssuche ist die Anbindung an den öffentlichen Verkehr ein absolut entscheidendes Merkmal geworden. „Wohnimmobilien ohne gute Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz haben immer geringere Chancen und verlieren an Wert“, sagt der Experte. Auch die Infrastruktur der Nahversorgung mit Lebensmittelgeschäften, Schulen, Ärzten etc. ist ein wichtiges Asset. Spiegelfeld: „Rund zwei Drittel der Interessenten fragen gezielt, ob in Fußnähe entsprechende Nahversorgung vorhanden ist. Dabei gibt es auch kaum Unterschiede in den Bundesländern.“Paare ohne Kinder (Double Income no Kids) stellen zu zwei Drittel die Klientel der Makler dar. Weit abgeschlagen mit etwa einem Drittel sind Familien die nächste stärkere Kundengruppe im Osten und Süden Österreichs. Im Westen wird diese mit etwa einem Drittel von Singles über 40 repräsentiert.