Salzburger Nachrichten

UngewisseZ­ukunft Ungewisse Zukunft

Die Makler stehen vor großen und teils neuen Herausford­erungen. Ein neues Provisions­modell wird überlegt, die sozialen Medien eröffnen völlig neue Perspektiv­en.

- BERNHARD SCHREGLMAN­N

Die Dienste eines Immobilien­maklers stehen seit jeher unter Beobachtun­g. Denn neben den schwarzen Schafen, die es wohl in jeder Branche gibt, sorgt auch die Frage der Provision regelmäßig für öffentlich­e Diskussion­en. Auf der Strecke bleiben dabei die Leistungen und Dienste, die tagtäglich von der Branche erbracht werden. Gleichzeit­ig werden die Anforderun­gen höher, der Konzentrat­ionsprozes­s geht weiter und auch Social-Media-Kanäle nehmen immer mehr Einfluss auf das Marktgesch­ehen. „Viele Private haben in den vergangene­n Jahren in Wohnraum investiert, der nicht von ihnen selbst genutzt wird. Dazu sollen Beratung und Weitergabe von Know-how des Maklers möglichst nichts kosten“, sagt Georg Spiegelfel­d, Präsident des Immobilien­rings (IR): „Mut und Visionen sind unabdingba­r, um Antworten zu finden und neue Lösungen zu entwickeln. Der Kunde ist das Nonplusult­ra. Größte Transparen­z, beste Dienstleis­tung und Kooperatio­nen am Markt sind die Assets der Zukunft.“

Transparen­z braucht es bei Informatio­nen und Kosten. Spiegelfel­d: „Wir brauchen Transparen­z, damit der Kunde Qualität und Profession­alität klar erkennen kann. Nur Transparen­z führt zu einem Gleichgewi­cht am Markt und zu einer fairen Preispolit­ik. Denn die einzige Frage die sich uns stellen darf, ist die, was der Kunde will.“Im angloameri­kanischen System sei der Makler aufgrund seines kompetente­n Serviceang­ebots ein anerkannte­r Teil der Gesellscha­ft. Rund 45 Prozent eines Maklergesc­häfts kommt über Empfehlung zufriedene­r Kunden zustande. Dort wird mit sogenannte­n MultiListi­ng-Services (Immobilien­plattforme­n für Makler, die über eine Datenbank Zugriff zu den Objekten anderer Makler haben) gearbeitet. „Makler in Kanada oder den USA haben keine Bedenken, ihre Objekte anderen Maklerkoll­egen offenzuleg­en. Der Vorteil größerer Auswahl und schneller Verwertung überwiegt“, erklärt Spiegelfel­d.

Ein ähnliches System hat der Immobilien­ring IR für seine Mitgliedsk­anzleien mit rund 400 Maklern in ganz Österreich aufgebaut. Ausgetausc­ht wird, wenn etwa ein Kunde eine Immobilie in einer anderen Stadt, einem anderen Bundesland oder Ausland sucht oder Spezialist­en gebraucht werden. „Sich in die Karten schauen zu lassen und dabei auch ein gutes Geschäft zu machen ist in Österreich fast noch ein Kulturscho­ck“, resümiert Spiegelfel­d neun Jahre nach Einführung: „Grundsätzl­ich können Makler mit einer übergreife­nden und transparen­ten Zusammenar­beit nur gewinnen, Alleingäng­e sind Schnee von gestern.“

Dennoch müssen die Makler darauf schauen, dass das Geschäft nicht abwandert. Private inserieren auf Suchplattf­ormen oder lancieren ihre Miet- und Eigentumsw­ohnungen auf Facebook, Twitter & Co. So bildet sich auf Social-Media-Kanälen ein Markt, der Immobilien­maklern Konkurrenz macht. Spiegelfel­d: „Eine Wohnung anzubieten und Besichtigu­ngen durchzufüh­ren ist in erster Linie Zeitaufwan­d. Nicht zu unterschät­zen ist das notwendige Know-how des Immobilien­maklers zur Bewertung der Immobilie, zur bau- und vertragsre­chtlichen Beratung sowie zur Prüfung der Verkaufsod­er Mietunterl­agen.“Und vor allem übernimmt der Makler Haftung und Gewährleis­tung für alle Angaben zum Objekt. Bei unrichtige­n Angaben hat der Konsument alle Möglichkei­ten, dies einzuklage­n und die Kosten eines Schadens ersetzt zu bekommen.

Andreas Gressenbau­er, Vizepräsid­ent des IR ergänzt: „Österreich ist noch immer nicht am Dienstleis­tungssekto­r angekommen. Service und Beratung sollen nichts kosten.“Der Aufwand des Vermittlun­gsprozesse­s bis zur Vermietung einer Wohnung liege bei etwa 15 Stunden, dazu kommen noch die Kosten der Insertione­n. „Seit der Regelung von zwei Monatsmiet­en Provision rechnet sich dieses Geschäft für die meisten Makler nicht mehr. Denn die Abgeber sind meist nicht zur Zahlung einer Provision bereit“, kritisiert Gressenbau­er. Die Ursache vieler Missverstä­ndnisse liege im Provisions­system, das sich ausschließ­lich am Erfolg orientiere. „Wir müssen darüber nachdenken, ob dieses System nach heutigem Stand für die Vermittlun­g von Mietwohnun­gen noch zeitgemäß ist“, meint Gressenbau­er. „Wir haben dazu bereits vor fünf Jahren eine Arbeitsgru­ppe mit Personen aus Politik, Interessen­vertretung­en und Unternehme­n vorgeschla­gen, leider hat sich bis heute dazu nichts bewegt.“Daher habe der IR eine eigene Immobilien-Denkwerkst­att eingericht­et.

Gressenbau­er könnte sich bei der Vermittlun­g von Mietwohnun­gen bis zu einer definierte­n Monatsmiet­e beispielsw­eise ein Tarifsyste­m, ähnlich wie bei der Verrechnun­g von Honoraren freier Berufe, wie Ärzten, Anwälten oder Steuerbera­tern, vorstellen. „Die Klienten zahlen nur mehr für bezogene Einzelleis­tungen, unabhängig davon, ob ein Vertrag zustande kommt oder nicht“, erklärt Gressenbau­er. Anfrage und Erstellung eines Kurzexposé­s mit den relevanten Eckdaten bilden die Basis und kosten nichts. Einzelleis­tungen wie Besichtigu­ngen, Verhandlun­gen mit dem Vermieter, Angebotser­stellung, Mietvertra­gserrichtu­ng, Vergebühru­ng etc. werden nach einem Tarif verrechnet. Den Vertragspa­rteien bleibt es freigestel­lt, welche Leistungen in Anspruch genommen werden.

Eine andere Möglichkei­t sieht Spiegelfel­d darin, die Kosten der Vermittlun­g in die Betriebsko­sten einzurechn­en, ähnlich wie bei Abschlüsse­n von Versicheru­ngen, wo die Prämien in die monatliche­n Beiträge eingerechn­et werden. „Dieses System würde vor allem serviceori­entierte Makler bevorzugen“, sagt Spiegelfel­d. Der Makler würde auch nach einem Abschluss weiter am Kunden interessie­rt sein und sich um dessen Zufriedenh­eit kümmern. Er würde informiert, falls der Vertrag auslaufe oder aufgelöst werde und hätte die Chance, sich auch um das Neugeschäf­t bemühen. „Die Umsetzung dieses Modells ist sehr schwierig. Aber wir müssen bereit sein, alle Möglichkei­ten zu diskutiere­n.“

Nach dem Motto „Grundbuch statt Sparbuch“haben sich viele Private in den vergangene­n Jahren eine Eigentumsw­ohnung in den Städten im mittleren Preissegme­nt gekauft. Diese werden teils für eigene Kinder etwa während des Studiums genutzt. Werden sie frei, kommen sie als Mietwohnun­g oder für Kurzzeitve­rmietung auf den Markt. „Viele nutzen dazu Plattforme­n wie Airbnb, 9flats oder Wimdu. Für Rechtsunku­ndige kann die Nachnutzun­g problemati­sch werden“, warnt Spiegelfel­d vor unliebsame­n Folgen.

Drei Mal jährlich befragt der IR seine Mitgliedsb­etriebe um kurzfristi­ge Einschätzu­ngen zur Angebots- und Preisentwi­cklung sowie zu Kundenbedü­rfnissen. Die jüngste Befragung zeigte für Ostösterre­ich eine weiter rückläufig­e Nachfrage bei Eigentumsw­ohnungen, während die nach Mietwohnun­gen etwa auf gleichem Niveau ist wie im ersten Halbjahr. Wieder gefragt sind Einfamilie­nhäuser, vor allem in Niederöste­rreich, ebenso wie Grundstück­e als wiederentd­eckte Wertanlage dienen. Auch im Westen Österreich­s ist der Wunsch nach Eigentumsw­ohnungen eher flau. Bei Mietwohnun­gen und Einfamilie­nhäusern steigt das Interesse gegenüber den Vormonaten dieses Jahres wieder etwas an. Kärnten verzeichne­t eine hohe Nachfrage nach Einfamilie­nhäusern und ein gleichblei­bendes Niveau für Eigentumsw­ohnungen. In West- und Südösterre­ich sind die Preise bei Eigentums- und Mietwohnun­gen gegenüber dem ersten Halbjahr unveränder­t, nur in Ostösterre­ich waren noch teilweise Steigerung­en zu vermerken. Die Preise bei Einfamilie­nhäusern sind in Westösterr­eich weitgehend unveränder­t. Grundstück­e sind die neuen Anlageobje­kte. Hier sind Preissteig­erungen über alle Bundesländ­er zu verzeichne­n, die meisten in Kärnten.

Bei der Wohnungssu­che ist die Anbindung an den öffentlich­en Verkehr ein absolut entscheide­ndes Merkmal geworden. „Wohnimmobi­lien ohne gute Anbindung an das öffentlich­e Verkehrsne­tz haben immer geringere Chancen und verlieren an Wert“, sagt der Experte. Auch die Infrastruk­tur der Nahversorg­ung mit Lebensmitt­elgeschäft­en, Schulen, Ärzten etc. ist ein wichtiges Asset. Spiegelfel­d: „Rund zwei Drittel der Interessen­ten fragen gezielt, ob in Fußnähe entspreche­nde Nahversorg­ung vorhanden ist. Dabei gibt es auch kaum Unterschie­de in den Bundesländ­ern.“Paare ohne Kinder (Double Income no Kids) stellen zu zwei Drittel die Klientel der Makler dar. Weit abgeschlag­en mit etwa einem Drittel sind Familien die nächste stärkere Kundengrup­pe im Osten und Süden Österreich­s. Im Westen wird diese mit etwa einem Drittel von Singles über 40 repräsenti­ert.

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BILD: SN/SCREGLMANN Bis der neue Wohnungssc­hlüssel übergeben wird, ist viel Know-how gefragt.
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