Saudi-Arabien kämpft mit österreichischen Granaten
Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien sorgen auch hierzulande für Wirbel. Dabei treibt Österreich mit dem umstrittenen Königshaus regen Waffenhandel, wie ein Beispiel zeigt.
WIEN. Die Empörung über das autoritäre Königshaus in Saudi-Arabien wird immer größer. Brutales Vorgehen gegen Demonstranten, Hinrichtungen und die militärische Einmischung im Jemen und Syrien werden im Westen immer wieder kritisiert. Dabei ist das saudische Regime vielfach abhängig von ausländischen Waffen. Auch von Waffen aus Österreich.
Eine aktuelle Geschichte des deutschen Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“zeigt, dass heimische Rüstungsgüter in den internationalen Krisenherden heiß begehrt sind. So ist laut dem deutschen Magazin eine in Österreich hergestellte Splittergranate in Saudi-Arabien aufgetaucht. Sondereinheiten des Königreichs hätten sie im Dezember 2014 bei einem Einsatz gegen eine Protestbewegung bei sich getragen. Die Splittergranate stammte demnach aus der Produktion der Rheinmetall MAN. Das oberösterreichische Unternehmen ist eine Tochterfirma des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall und hat den Sitz in Rüstdorf/Schwanenstadt (Bezirk Vöcklabruck).
Die Fotos, auf die sich das deutsche Nachrichtenmagazin „Spiegel“beruft, weisen darauf hin, dass der Einsatz saudischer Sicherheitskräfte in der Stadt Awamiya stattfand. Awamiya war der Wohnort des schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr. Seine Hinrichtung vor wenigen Tagen zog internationale Proteste nach sich. 2014 wurde die Heimatstadt des Oppositionellen gestürmt. Al-Nimr galt als entschiedener Gegner des sunnitischen Königshauses der Saud.
Laut Waffenexperten werden Splittergranaten gegen ungeschützte Personenziele eingesetzt. Explodiert der Sprengstoff, werden Stahlsplitter mit hoher Geschwindigkeit herausgeschleudert und verteilen sich in einem gewissen Radius. Rheinmetall MAN produziert nach eigenen Angaben diese Splittergranaten. Dass Splittergranaten bei der Protestniederschlagung im Jahr 2014 zum Einsatz kamen, sorgt in Österreich für Verwunderung. Jo- hann Stögermüller von Rheinmetall MAN erklärte, dass die Munition aus einer länger zurückliegenden Lieferung stammen könnte. Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, erklärte auf APA-Anfrage, es habe hierzu „keine Genehmigung für den Export nach Saudi-Arabien“gegeben.
Welche Waffen in der Vergangenheit aus Österreich nach Saudi-Arabien geliefert wurden, lässt sich nicht genau sagen. Die meisten Daten unterliegen der Geheimhaltung. Fest steht, dass Saudi-Arabien einer der größten Waffenimporteure weltweit ist. Laut aktuellsten Daten der militärischen Beratungsfirma IHS Jane’s importierte das Königreich 2014 Rüstungsgüter im Wert von 5,84 Milliarden Euro. Österreich lieferte laut Statistik Austria von 1995 bis 2014 Waffen, Munition, Waffenteile und Zubehör im Wert von rund 42,2 Millionen Euro nach SaudiArabien. Von Jänner bis Oktober 2015 waren es Waffen für rund 15,6 Millionen Euro.
Immer wieder tauchen österreichische Waffen in Kriegsgebieten auf. Die islamistischen Terroristen der Boko Haram kämpfen mit österreichischen Panzern, im Jemen werden österreichische Drohnen vom Himmel geschossen. In Syrien sollen Rebellen mit dem österreichischen Sturmgewehr StG AUG kämpfen. Auch diese Gewehre könnten ursprünglich aus einer Lieferung nach Saudi-Arabien in den syrischen Bürgerkrieg gelangt sein. Um die Wege der Waffen nachzuvollziehen, bräuchte man die Seriennummer.
Dabei ist der Export von Kriegsmaterial in Österreich streng geregelt. Für die Ausfuhr ist das Innenministerium zuständig, das Außenministerium muss zustimmen und das Verteidigungsministerium wird befragt. Dessen Experten prüfen die sicherheitspolitische Lage des Landes, in das die Waffen geliefert werden sollen. Krieg oder Menschenrechtsverletzungen sind Gründe dafür, dass ein Waffendeal nicht zustande kommt.