Bei uns geht einiges nicht mit rechten Dingen zu
Bürokratische Absurditäten und Schikanen machen motivierten Menschen in diesem Land das Leben schwer. Warum?
Ein Maturazeugnis mit lauter Einsern reicht nicht mehr, um in Österreich einen Studienplatz für Medizin zu ergattern. Mehr als 11.000 Kandidaten bewerben sich in Tests um 1750 Plätze. Da muss man erst einmal durchkommen gegen bestens vorbereitete deutsche Kandidaten und jene Einheimischen, die sich um 3000 Euro einen privaten Vorbereitungskurs geleistet haben. Eine junge Wienerin hat jetzt den Spieß umgedreht und sich mit ihrem Superzeugnis an der Medizinischen Uni in Düsseldorf beworben. Die hat sie mit Handkuss genommen. Fazit: Die Frau wird wohl nie mehr in Österreich als Ärztin arbeiten. Die an ihrer Stelle in Wien ausgebildete deutsche Kollegin wird vielleicht in Castrop-Rauxel ordinieren. Hohe Kosten, kein Fortschritt für die medizinische Versorgung in Österreich.
Bei uns geht einiges nicht mit rechten Dingen zu. Menschen, die sich engagieren, die es zu etwas bringen wollen, werden in diesem Land nicht besonders gut behandelt. Mehrleister mag man nicht im offiziellen Österreich.
Denken wir an die vielen Freiwilligen. Die „Salzburger Nachrichten“haben die neuesten steuerrechtlichen Schikanen gegen Vereine aufgezeigt. Eine Blasmusik, die ein Blasmusikkonzert gibt, darf noch mit fiskalischer Milde rechnen. Eine Blasmusik, die ihren jährlichen Musikantenball veranstaltet, nicht mehr, Registrierkassenpflicht inklusive.
Für viele Vereine ist der Verdruss mit dem Staat neu. Unternehmen können davon schon länger ein Lied singen. Immer mehr von ihnen haben vom „freien“Wirtschaftsleben die Nase voll. Berater berichten davon, dass viele ihrer Klienten ans Aufhören denken. Es mache keinen Spaß mehr.
Das wundert uns nicht, wenn wir uns ansehen, unter welcher verwaltungstechnischen Knute heute Firmen arbeiten müssen. Erst dieser Tage haben hoffnungsfrohe Jungunternehmer in Salzburg berichtet, dass sie täglich mehrere Stunden nicht damit beschäftigt seien, ihren Absatz zu fördern, sondern die bürokratischen Hungermäuler rund um sie herum zu stopfen.
Mittlere Unternehmen müssen ganze Abteilungen damit beschäftigen, Statistiken und Berichte an Arbeitsinspektor, Gewerbeaufsicht,
Lager-Hass spaltet die Sozialpartner
Finanzamt, Gleichstellungsbeauftragte, Ministerien, Gemeinden, Krankenkasse und andere zu erstellen. Jede Kleinfirma braucht zum Überleben den teuren Rat von Anwaltskanzlei, Buchhaltungsfirma und Wirtschaftstreuhänder, weil sie ohne fremde Hilfe die 1100 Paragrafen, die für einen Betrieb relevant sind, nicht mehr selbst überschauen kann.
Als besonders leistungsfeindlich stellt sich ein Gesetz heraus, mit dem der Staat die Gefahr von Billiglöhnern, die aus dem EU-Ausland zu uns kommen, bannen wollte. Was als Kampfmittel gegen Lohndumping gedacht war, entpuppt sich zum größten Hemmschuh für Leistungswillige. Ein paar Minuten zu viel gearbeitet? Schon droht die Klage gegen den Geschäftsführer.
Sie sagen jetzt: Na und? Sollen die Kapitalisten doch zahlen. Was geht das mich an?
Es geht uns alle an. Wer weiter am Feindbild Unternehmer zeichnet, erreicht das Gegenteil von dem, was er will. Schon heute befindet sich die Wirtschaft in Österreich in einer Abwärtsspirale.
Während beim deutschen Nachbarn die Konjunktur brummt und die Arbeitslosenzahlen sinken, ist bei uns das Gegenteil der Fall. Wesentliche Gründe dafür: extrem hohe Steuerbelastung, höchste Lohnnebenkosten, eine überbordende Bürokratie – eine Melange, die vielen das Unternehmertum verleidet.
Der frühere ÖVP-Chef Michael Spindelegger hat einst von der notwendigen „Entfesselung der Wirtschaft“gesprochen. Die Idee war gut, nur Spindelegger war zu dem Zeitpunkt politisch gesehen bereits auf dem absteigenden Ast. Er wurde als „Houdini der Wirtschaft“belächelt.
Ein paar Jahre später ist es mit einer Entfesselung nicht mehr getan. Wir brauchen eine wirtschaftspolitische Revolution. Von oben wird die genauso wenig kommen wie die Entfesselung. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten sich neu zusammentun und die Wirtschaft gemeinsam ankurbeln. Auf dem Weg der klassischen Sozialpartnerschaft dürfte dies nicht mehr gelingen. Beide Seiten haben sich in ihrem alten Lager-Hass festgebissen und gönnen sich gegenseitig keine Erfolge.