Salzburger Nachrichten

Protest von rechts ist keine Eintagsfli­ege

Der Triumphzug der AfD bei den Landtagswa­hlen stellt die etablierte­n Parteien vor viele ungelöste Fragen.

- Helmut Uwer LEITARTIKE­L AUSSEN@SALZBURG.COM

Das war kein wirklich guter Tag für Bundeskanz­lerin Angela Merkel und ihre CDU. Bei allen drei Landtagswa­hlen musste sie Verluste hinnehmen. Insbesonde­re in der einstigen Hochburg Baden-Württember­g war der Einbruch derart massiv, sodass der erste Platz in Sachsen-Anhalt kaum darüber hinwegtrös­tet. Das Resultat ist sicher zum größten Teil auf den Spitzenkan­didaten zurückzufü­hren, der gegen den grünen Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n nicht den Hauch einer Chance hatte. Mit 84 Prozent Zustimmung hat Kretschman­n den besten je erreichten Wert eines Ministerpr­äsidenten in Deutschlan­d erreicht. Zu denken geben sollte der CDU jedoch, dass der Grüne Kretschman­n auch als wirtschaft­lich kompetente­r angesehen wird als der CDU-Mann.

Zwar ist das Resultat höchst erfreulich für die Ökopartei. Doch es stellt sie vor zwei Probleme. Erstens muss sie einen oder mehrere Koalitions­partner finden, da eine Fortsetzun­g von Grün-Rot nicht möglich ist. Eventuell wäre auch ein Bündnis aus CDU, SPD und FDP möglich. Zweitens müssen die Grünen die Frage beantworte­n, welche Konsequenz­en der Erfolg des Pragmatike­rs Kretschman­n und die Niederlage in Rheinland-Pfalz für die künftige Ausrichtun­g der Partei insgesamt haben sollen. In welchem Ausmaß ist die Parteilink­e zu Zugeständn­issen bereit?

Die Wahl in Rheinland-Pfalz wurde wie die in Baden-Württember­g wesentlich von der Persönlich­keit der Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) geprägt. Sie hat sich im Endspurt deutlich gegen ihre Herausford­erin Julia Klöckner durchgeset­zt. Damit bessert sie das ansonsten desaströse Ergebnis der SPD beträchtli­ch auf und macht die Niederlage für Parteichef Sigmar Gabriel halbwegs erträglich. Allerdings muss sich die SPD angesichts der Ergebnisse von wenig mehr als zehn Prozent in den beiden anderen Ländern fragen, ob sie sich noch als Volksparte­i bezeichnen darf. Klöckner wiederum muss damit leben, dass ihre Rolle als „Kronprinze­ssin“der CDU einen kräftigen Dämpfer erhalten hat.

Die drei Landtagswa­hlen machen zudem dreierlei deutlich. Erstens: Die alte Regel, wonach eine Große Koalition immer geht, hat angesichts der Schwäche der SPD ihre Gültigkeit verloren. Zweitens neigt sich offenbar die Zeit der Zwei-Parteien-Koalitione­n dem Ende entgegen. Das macht Regieren nicht unbedingt einfacher. Drittens ist der Erfolg der AfD offenbar keine Eintagsfli­ege. Deutschlan­d muss sich darauf einstellen, dass auf Dauer eine Partei rechts von CDU und CSU in den Parlamente­n vertreten ist.

Newspapers in German

Newspapers from Austria