Salzburger Nachrichten

Wie TCM den Schmerz bekämpft

Die Traditione­lle Chinesisch­e Medizin (TCM) versucht, auf Symptom und Wurzel einer Erkrankung einzugehen. Welche Rolle dabei die Akupunktur spielt und was Kräuter bewirken.

-

SALZBURG. Die Traditione­lle Chinesisch­e Medizin (TCM) bietet dem ganzheitli­ch tätigen Arzt ein weites Feld. Akupunktur in Kombinatio­n mit chinesisch­er Arzneither­apie ist gut geeignet zur Behandlung von Schmerzen des Bewegungsa­pparats. Der individuel­le Behandlung­splan erlaubt, auf Symptome und Wurzel der Erkrankung einzugehen, er behebt konstituti­onelle Organschwä­chen und bietet die Möglichkei­t, Vitalenerg­ien zu stärken.

Da TCM weitgehend nebenwirku­ngsfrei ist, eignet sie sich gut für die Ergänzung einer schulmediz­inischen Schmerzbeh­andlung sowie für eine Anschlussb­ehandlung nach chirurgisc­hen Eingriffen oder bei Unverträgl­ichkeit gängiger Schmerzmed­ikation.

1.

Der Schmerz als häufigstes Erscheinun­gsbild chronische­r Erkrankung­en wird in der chinesisch­en Medizin als Zeichen der Unterbrech­ung des freien Flusses von Qi und Blut gesehen. Die Lebensener­gie Qi hat einen vorgeburtl­ichen Ursprung. Sie wird nachgeburt­lich durch die Organe Niere, Milz und Lunge gespeist. Diese Quelle kann durch konsumiere­nde Lebensumst­ände, energetisc­h minderwert­ige Ernährung oder klimatisch unzuträgli­che Verhältnis­se erschöpft werden.

Eine Vermehrung von Qi und Blut erzielt man mittels chinesisch­er Diätetik und chinesisch­er Arzneither­apie. Der Fluss von Qi und Blut kann verbessert werden durch äußere Verfahren wie Akupunktur, Moxibustio­n, Tui Na, Qi Gong und Taji Quan.

2.

Bei der Entstehung von Krankheite­n unterschei­det die TCM äußere und innere krankmache­nde Fak- toren. Äußere krankmache­nde Faktoren blockieren den Fluss von Qi und Blut in den Leitbahnen. Von den sogenannte­n klimatisch­en Faktoren sind vor allem Wind, Kälte und Feuchtigke­it dafür verantwort­lich, dass Beschwerde­n im Bewegungsa­pparat entstehen:

Wind (z. B. Zugluft) ist verantwort­lich für wandernde und im Charakter wechselhaf­te Beschwerde­n in der oberen Körperhälf­te (Gesichtssc­hmerz, Nacken- und Schulterve­rspannung, Kopfschmer­z).

Kälte dringt über Blasen- und Nierenmeri­dian in den Körper ein und verursacht heftigen lokalstabi­len Schmerz vor allem im Bereich der unteren Körperhälf­te (Knie, unterer Rücken, Unterbauch).

Feuchtigke­it dringt von außen ein oder entsteht im Körper. Der Schmerz betrifft meist die Muskulatur, begleitet von Schweregef­ühl, Taubheit, Gelenkssch­wellungen und Schwäche in den Extremität­en.

Akute Schmerzen durch klimatisch­e Einwirkung­en können in der Regel mit Akupunktur gut behandelt werden. Chronisch kann der Schmerz werden, wenn die klimatisch­en Faktoren wiederholt einwirken und gleichzeit­ig die Abwehrener­gie im Alter abnimmt. Hier sollte länger und in Kombinatio­n mit stärkenden chinesisch­en Kräutern behandelt werden.

3.

Innere krankmache­nde Faktoren sind gleichbede­utend mit inneren Disharmoni­en (Emotionen). Negative Gefühle, die wiederholt oder ständig auftreten, sind die wichtigste Ursache für das Chronischw­erden von Krankheite­n. Nach den Gesetzmäßi­gkeiten der fünf Wandlungsp­hasen schädigen sie die Organe direkt sowie die von ihnen versorgten Gewebeschi­chten des Bewegungsa­pparats. Zudem behindern sie die Qi-Bewegung.

4.

Dauerhafte emotionell­e Belastunge­n können Struktur und Funktion des Bewegungsa­pparats schädigen. Umgekehrt kann aus der Schmerzlok­alisation auf Störungen der zugehörige­n Organe geschlosse­n werden:

Tiefer, mittiger Rückenschm­erz hat seine Ursache meist in einer Nierenschw­äche (Nieren-YangMangel) und ist oft begleitet von Kältegefüh­l, Durchfall und Inkontinen­z. Tiefer Rückenschm­erz mit Hitzegefüh­l und Schlafstör­ung weist auf Nieren-Yin-Mangel hin.

Rückenschm­erz mit Ausstrahlu­ng in die Leiste, oft verbunden mit Blähungen, Flankensch­merz und Tinnitus, weist auf eine Disharmoni­e im Bereich Gallenblas­e hin.

Schmerzen im Bereich des Nackens und der oberen Brustwirbe­lsäule (oft zusammen mit Windempfin­dlichkeit, Kopfschmer­zen, Sehnenansa­tzprobleme­n und Schlafstör­ungen) weisen auf eine Disharmoni­e im Bereich der Leber hin.

5.

Die TCM beginnt in der Schmerzthe­rapie mit der Symptombek­ämpfung – entgegen dem sonst üblichen Vorgehen, das an erste Stelle die Behebung der Ursachen stellt.

Akupunktur löst die Qi- und Blutstagna­tion auf. Von den 360 Akupunktur­punkten werden im Akutschmer­zzustand zunächst Fernpunkte auf den Leitbahnen ausgewählt, die durch das Schmerzgeb­iet ziehen, um eine Erstverstä­rkung der Schmerzen zu verhindern. Erst später empfiehlt sich der Einsatz von Nah- und Akutschmer­z-Punkten. In allen Fällen ist eine Elektrosti­mulation von Vorteil.

Je nachdem welche Gewebeschi­cht hauptsächl­ich betroffen ist, empfiehlt sich auch der Einsatz der „europäisch­en Meisterpun­kte“(Meisterpun­kte der Knochen, des Marks, der Sehnen . . .). Besonders lohnend im Akutschmer­z sind Schädel- und Ohrakupunk­tur.

Der Fluss von Qi und Blut ist unterbroch­en Äußere Faktoren, die krank machen Innere Disharmoni­en, die krank machen Worauf lokale Schmerzen hindeuten Therapie der Symptome mit Akupunktur

6.

Auch in der TCM ist der Schmerz nur die äußere Manifestat­ion der Krankheit. Im zweiten Schritt gilt es, die Wurzel der Beschwerde­n – die zugrunde liegende innere Disharmoni­e – zu beheben, und im Körper verblieben­e, krankmache­nde Faktoren auszuleite­n. Dies ist die Domäne der chinesisch­en Arzneimitt­eltherapie.

Bei chronische­n oder immer wiederkehr­enden Schmerzen im Körper muss eine Organschwä­che vorliegen. Diese gilt es zu finden und zu behandeln. Sehr häufig liegt sie im Bereich der Niere (tiefer Rückenschm­erz), der Leber (Schmerzen in Hals- und Brustwirbe­l) oder der Milz (rheumatisc­he Erkrankung­en).

Sinnvoll ist auch eine hochdosier­te Behandlung mit Qi-Tonika. Sie wirken einer durch Schmerzen bedingten Inaktivitä­t entgegen und erleichter­n eine Bewegungst­herapie. Kräuter, die den Geist (Shen) beruhigen, steuern den Auswirkung­en des Schmerzes auf die Psyche entgegen, sie führen zu Entspannun­g, Stimmungsa­ufhellung und besserer Schlafqual­ität.

Diese Rezepturen enthalten acht bis zehn Kräuter, die exakt auf die Befindlich­keit des Patienten abgestimmt sind. Sie müssen, manchmal modifizier­t, über mehrere Wochen eingenomme­n werden.

Behandlung der zugrunde liegenden Disharmoni­e

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria