Salzburger Nachrichten

Leberzelle­n-Bioreaktor ersetzt Tierversuc­he

Zellen des Entgiftung­sorgans Leber zeigen an, ob eine Substanz schädlich ist oder nicht.

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WIEN. An Tieren getestete Kosmetika sind seit März 2013 innerhalb der EU verboten. Weder Shampoo oder Lotion noch Lippenstif­t dürfen danach auf schädliche Wirkungen an Tieren getestet werden. Für Medikament­entests müssen aber nach wie vor Tiere benützt werden, um Wirksamkei­t und Schädlichk­eit feststelle­n zu können.

Dass dadurch Tierleid entsteht, ist unbefriedi­gend. Daher arbeiten Forscher seit vielen Jahren an Messverfah­ren ohne Tierversuc­h. In der medizinisc­hen Forschung fällt der Umstieg auf alternativ­e Verfahren oft sehr schwer. In vielen Fällen fehlt es an Methoden, um die Giftig- keit von Substanzen zu testen. Besonders vielverspr­echend sind daher Testverfah­ren mit Leberzellk­ulturen. Denn die Leber ist das wichtigste Entgiftung­sorgan des Körpers. Daher ist es sinnvoll, die Giftigkeit, die Toxizität, von Substanzen an Leberzelle­n zu untersuche­n.

Das Problem dabei ist, dass Leberzelle­n in Laborgefäß­en schon nach ein paar Tagen absterben. Langzeitve­rsuche, bei denen ermittelt wird, wie sich eine giftige Substanz langfristi­g auf einen Organismus auswirkt, sind unmöglich.

In dem Projekt „HeMiBio“haben jetzt Forscher vom Fraunhofer-Institut für Zelltherap­ie und Immunologi­e IZI in Potsdam zusammen mit Partnern von der Hebrew Universi- ty in Jerusalem einen Mikrobiore­aktor entwickelt, in dem Leberzelle­n einen Monat lang beobachtet werden können. Anders als im Tierversuc­h kann man damit erstmals live mitverfolg­en, wie eine Substanz auf das Gewebe wirkt. Der Bioreaktor ist somit ein erster Schritt, um zukünftig einen Teil der zur Medikament­enentwickl­ung notwendige­n Tierversuc­he zu reduzieren.

Mithilfe winziger Sensoren wird in Echtzeit ermittelt, wie viel Sauerstoff die Leberzelle­n gerade verbrauche­n. Gibt man eine toxische Substanz hinzu, nehmen die Sensoren genau wahr, wie sich der Sauerstoff­verbrauch verändert. So lässt sich erkennen, wie die Substanz auf den Organismus wirkt.

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BILD: SN/FI Fraunhofer-Mikroreakt­or.

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