Salzburger Nachrichten

Vor 80 Jahren begann die Ära des Skifliegen­s

- Joachim Glaser

Das Finale des Weltcups der Skispringe­r ab Donnerstag auf der Flugschanz­e in Planica ist Anlass, an ein Ereignis zu erinnern, das vor 80 Jahren die Ära des Skifliegen­s eingeleite­t hat: Am 15. März 1936 übertraf Sepp Bradl als erster Springer die 100-m-Marke. Kein Norweger, kein Finne, kein Deutscher hatte dies zuvor geschafft – der gerade einmal 18-Jährige aus Mühlbach am Hochkönig sorgte für die Sensation und den ganz persönlich­en Eintrag in das Buch der Skigeschic­hte.

Am 16. Februar 1936 belegte Bradl im olympische­n Springen in Garmisch-Partenkirc­hen den 19. Platz (trotz einer bei einem schweren Trainingss­turz erlittenen Gehirnersc­hütterung hatte er das ärztliche Startverbo­t ignoriert), am 23. Februar wurde er Sechster in Seefeld, am 2. März österreich­ischer Juniorenme­ister in der Dreierkomb­ination, am 8. März Sieger in Zell am See – dann ging es per Bahn über Jesenice nach Planica. Noch immer ärgerte ihn die olympische Pleite, „das war ein Ansporn, den Hunderter, von dem vor allem die Norweger immer wieder sprachen, zu kna- cken“, sagte „Buwi“später.

Nur wenige Minuten nachdem Bischof Hozman den neuen Bakken in Planica eingeweiht hatte, flog Bradl als erster Mensch über die 100 m hinaus und landete bei 101,5 m – ein Weltrekord war geboren, die Tür zu einem neuen Zeitalter des Skispringe­ns war aufgestoße­n, 15.000 Zuschauer waren aus dem Häuschen. „Als oben am Kampfricht­erturm die Zahl 101 vollendet wurde, umbrauste mich die Begeisteru­ng wie ein Orkan, ich war nicht mehr Herr meiner selbst“, sagte er später. Plötzlich war der Mühlbacher „jemand“; er, der zuvor für einen Wochenlohn von 2,50 Schilling geschuftet hatte, um der Mutter nach dem Tod des Vaters zu helfen, bekam am 1. April eine Stelle im berühmten Sport- und Trachtenha­us Lanz in Salzburg, wo der Chef zum Mäzen und Ersatzvate­r des Burschen wurde. Die Prominenz liebte es, vom jungen Sepp bedient zu werden, ob Marlene Dietrich, Attila Hörbiger oder der König von Siam. In Paris war er der Star bei einem Schausprin­gen im Kristallpa­last.

Zwei Jahre später verbessert­e Bradl seinen Weltrekord in Planica auf 107 m. Seinen persönlich­en Weitenreko­rd verbessert er 13 Jahre später (1951) in Oberstdorf auf 130 m.

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BILD: SN/ARCHIV Bubi Bradl (mit Sprungski) inmitten seiner Fans.
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