Salzburger Nachrichten

Was die Politik aus dem Hypo-Desaster lernen sollte

Kärnten ist faktisch pleite. Aber weil politisch nicht sein kann, was nicht sein darf, gibt es keine Regeln, wie man damit umgehen soll.

- Richard Wiens RICHARD.WIENS@SALZBURG.COM

Es ist die klassische Situation, in der zwei Kontrahent­en ohne Hilfe eines Dritten ihren Streit nicht lösen können. Bei der Auseinande­rsetzung zwischen Kärnten und den Gläubigern der Hypo-Nachfolgeg­esellschaf­t Heta hat sich Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling als Mediator versucht – ohne Erfolg. Die Gläubiger fordern für ihre Anleihen 100 Prozent plus Zinsen. Die kann und will Kärnten nicht leisten. Daher können nur mehr die Gerichte den Streit beenden.

Vielleicht ist der Weg, den die Gläubiger nach einem Schuldensc­hnitt durch die Finanzmark­taufsicht einschlage­n werden, ökonomisch wenig aussichtsr­eich. Er ist aber unumgängli­ch, wenn man Rechtssich­erheit will. Entweder muss das Land Kärnten die Heta-Schulden begleichen oder erklären, dass von ihm gegebene Bürgschaft­en nicht das Papier wert sind, auf dem sie geschriebe­n wurden. Dass Politiker Haftungen mit einem Federstric­h für ungültig erklären wollen, haben Höchstrich­ter schon einmal für unzulässig erklärt. Auf einem anderen Blatt steht, ob profession­elle Investoren Zweifel haben mussten, ob Kärnten Haftungen in dieser Höhe einlösen kann.

In der Sache tun sich viele juristisch brisante Fragen auf. Kann ein Bundesland insolvent werden? Und wenn ja, wie weit muss es gehen, um die Forderunge­n seiner Gläubiger erfüllen zu können? Im Be- mühen, darauf gute Antworten zu finden, werden Rechtsanwä­lte und Gutachter sehr viel Geld verdienen und es wird auch in der Gerichtska­sse klingeln.

Am Ende wird der Schaden um nichts kleiner sein, als er ohnehin schon ist. Es geht aber darum, wie er verteilt wird. Und damit sind wir bei der politische­n Dimension der Causa. Denn neben unzähligen Missgriffe­n der früheren Bankmanage­r waren es vor allem politische (Fehl-)Entscheidu­ngen, die zum HypoDesast­er führten. Das setzt sich bei der Abwicklung der Ex-Landesbank fort. Kärnten agiert nach dem Prinzip, dass es sich ganz ungeniert lebt, wenn der Ruf einmal ruiniert ist. Und der Bund hält sich nobel zurück und verweist die Gläubiger nach Kärnten.

In der aktuellen Causa ist es für ein Insolvenzr­echt für Bundesländ­er tatsächlic­h zu spät, denn alles, was man jetzt täte, hätte den üblen Geruch einer Anlassgese­tzgebung. Aber für die Zukunft brauchen wir Regeln, wie mit einem zahlungsun­fähigen Bundesland umgegangen wird. Niemand wünscht sich einen zweiten Fall Kärnten, aber die These, dass dieser Fall nicht eintreten kann, ist ein für alle Mal widerlegt. Zumindest das sollten die Politiker aus dem milliarden­schweren Hypo-Desaster lernen.

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