Eishockeyspieler verlieren Gehirnmasse
Neue bildgebende Verfahren decken Risiko auch Wochen nach Gehirnerschütterung auf.
Mithilfe neuer bildgebender Methoden wurden erstmals Gehirne vor und nach einer Gehirnerschütterung verglichen. Dabei zeigten sich Veränderungen der Nerven-Isolierschicht bei Eishockeyspielern mit Gehirnerschütterung. Diese Erkenntnis ist durch einen vom österreichischen Physiker Alexander Rauscher an der University of British Columbia (Kanada) mitentwickelten Magnetresonanz-Scan möglich geworden.
Um die Auswirkungen von Gehirnerschütterungen zu untersuchen, fehlen meist Vergleichsdaten vom Zeitraum vor der Verletzung. „Man kann ja Menschen nicht einfach ein Hirntrauma verpassen, also haben wir uns nach einer Risikogruppe umgesehen“, sagte Rauscher, der sich der Weiterentwicklung der Magnetresonanztomographie (MRT) widmet. Fündig wurden Rauscher und sein Team bei Eisho- ckeyspielern. Sie machten MRTAufnahmen von 45 männlichen und weiblichen Sportlern aus zwei Universitätsteams vor der Saison.
„Jene elf Spieler, die während der Saison eine Gehirnerschütterung erlitten, wurden drei Tage, zwei Wochen und zwei Monate nach der Verletzung noch einmal gescannt“, erläuterte Rauscher, der dafür ei- nen speziellen, von ihm mitentwickelten Myelin-spezifischen MRScan eingesetzt hat. Myelin ist das Isoliermaterial von Nervensträngen. Wird es geschädigt, was etwa bei multipler Sklerose der Fall ist, führt dies zu neurologischen Beeinträchtigungen. „In den Scans zeigte sich, dass das Myelin der Spieler selbst zwei Wochen nach der Verletzung geschädigt ist, auch wenn die Sportler die nach solchen Traumata üblichen neuropsychologischen Tests bestehen“, sagte Rauscher. Die Isolierschicht löst sich von den Nervensträngen ab und braucht deutlich länger als zwei Wochen bis zur völligen Wiederherstellung. Selbst wenn keinerlei Symptome mehr erkennbar sind, empfiehlt es sich, riskantes Verhalten noch einige Zeit zu vermeiden, da eine weitere Gehirnerschütterung vor der vollständigen Heilung sehr gefährlich sein kann.
In einer zweiten Arbeit berichten die Wissenschafter über eine weitere Untersuchung der 45 Eishockeyspieler. Dabei zeigte sich, dass das Hirnvolumen der Sportler über die Saison im Schnitt um rund drei Kubikzentimeter (0,25 Prozent der durchschnittlichen Gehirngröße) abnahm – und zwar unabhängig davon, ob die Spieler eine Gehirnerschütterung erlitten haben oder nicht. Solche Abnahmen des Gehirnvolumens wurden auch bei Langstreckenläufern beobachtet.
Eine mögliche Erklärung wären bei den Hockeyspielern die zahlreichen leichten Schläge auf den Schädel bei den Matches. Auch unterschiedliche Flüssigkeitsaufnahme könnte eine Rolle spielen. Der Rückgang werde mit der Zeit kompensiert, allerdings sei nicht klar, ob dafür die Sommerpause zwischen den Saisonen ausreiche, erklärte der österreichische Physiker.