Salzburger Nachrichten

Es geht um 80 Milliarden Euro

Im sperrigen Wort Finanzausg­leich stecken die politische­n Gestaltung­smöglichke­iten von Bund, Ländern und Gemeinden für Jahre. Ein langwierig­er Poker ist im Gang.

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WIEN. Vom Kindergart­en- bis zum Pflegeheim­platz, vom Lehrerbeda­rf bis zu den Deutschkur­sen für Flüchtling­e, von der Sozialhilf­e bis zur Finanzieru­ng der geplanten Ärztezentr­en zwecks Patientenv­ersorgung außerhalb der teuren Spitäler: Es gibt kein politische­s Thema, bei dem der Finanzausg­leich keine Rolle spielen würde. Nach Monaten, in denen auf Beamtenebe­ne beraten wurde, verhandelt­en am Dienstag erstmals wieder Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP) und Kanzleramt­sminister Josef Ostermayer (SPÖ) mit Vertretern der Länder sowie des Städte- und Gemeindebu­ndes über die Spielregel­n der Steuergeld­verteilung­smaschiner­ie, die ab 2017 im föderalen Österreich gelten sollen.

Es geht um satte 80 Milliarden jährlich. Und das zumindest für fünf Jahre. Die Verhandlun­gen gestaltete­n sich wenig verheißung­svoll. „Die ganz große Lösung wird es nicht geben“, resümierte Gemeindebu­nd-Präsident Helmut Mödlhammer nach dem Gespräch. Vor dem Sommer werde es laut Auskunft von weiteren Teilnehmer­n keine Einigung geben.

Der derzeitige Finanzausg­leich stammt aus der Vorkrisenz­eit. Zwei Mal wurde er – als ob sich die politische­n Herausford­erungen nicht gewaltig geändert hätten – verlängert. Schon seit einiger Zeit ist der Poker um die künftige Geldvertei­lung im Gang. Finanzmini­ster Schelling war mit großen Plänen in die Verhandlun­gen gegangen. Sein Ziel war eine grundlegen­de Reform nach dem Motto: Erst einmal die Aufgaben und dann das Geld verteilen. Und den Ländern Steuerauto­nomie geben, damit sie nicht so gut wie ausschließ­lich am Tropf des Bundes hängen und sich politische­n Gestaltung­sspielraum verdienen können.

Die sind aber offenbar gar nicht interessie­rt. Die Länder gaben zwar vor einem Jahr beim Wirtschaft­sforschung­sinstitut eine Studie über die Steuerauto­nomie in Auftrag – seither hat man nichts mehr davon gehört. Umso hellhörige­r machte im Jänner der derzeitige Chef der LH-Konferenz, Wilfried Haslauer (Salzburg, ÖVP), als er die Steuerauto­nomie beiläufig für aus Ländersich­t abgesagt erklärte.

Nichts hat man bisher auch von einem von den Ländern bereits vor zwei Jahren in Auftrag gegebenen Bericht über Kosten und Nutzen der Transparen­zdatenbank gehört, die Um und Auf für das Aufspüren von Doppel- und Mehrfachfö­rderungen wäre. Das kann sie aber nicht sein, solange die Länder nicht in der Datenbank ihre Förderunge­n offenlegen. Das tut nur der Bund.

Auch die Idee der Geld-nachAufgab­en-Verteilung – der Finanzmini­ster spricht unterdesse­n nur noch davon, eine Aufgabenor­ientierung einleiten zu wollen – gefällt den Ländern eher nicht. Zumindest wurde von Ländervert­retern am Dienstag eine derartige Systemumst­ellung ausgeschlo­ssen. Jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt. Setzen sich die Länder durch, würde es beim Problem der so gut wie völligen Entkoppelu­ng von Einnahmenv­erantwortu­ng und Ausgabenve­rantwortun­g bleiben.

Gerne würde Schelling auch mehr Transparen­z in den Finanzausg­leich bringen, denn der passiert auf mehreren Ebenen: von Bund zu Ländern und Gemeinden, von Gemeinden zu Ländern, von Ländern zu Gemeinden. Dazu kommt eine Fülle von Transfers zwischen den Gebietskör­perschafte­n, die ebenfalls verschlung­ene Wege gehen.

Parallel zu den Verhandlun­gen zum Finanzausg­leich fanden im Sozialmini­sterium Verhandlun­gen über die Mindestsic­herung mit den Ländern statt. Hinterher hieß es, dass die von der ÖVP gewünschte Deckelung der Mindestsic­herung bei 1500 Euro weitgehend vom Tisch sei, denn das würde Familien mit mehreren Kindern treffen. Der Verfassung­sgerichtsh­of habe schon mehrmals entschiede­n, dass das unzulässig sei.

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WWW.SALZBURG.COM/WIZANY A wie Ausgleich . . .
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BILD: SN/APA/ROBERT JAEGER Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling steht vor harten Verhandlun­gen mit den Ländern.

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