Salzburger Nachrichten

„Ein Spiel mit Menschenle­ben“

Der griechisch­e Premier Tsipras rügt Aktion zum illegalen Grenzübert­ritt.

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Die Balkanrout­e bleibt dicht: Hunderte Menschen aus dem Flüchtling­slager im griechisch­en Idomeni sind mit ihrem Versuch gescheiter­t, über die grüne Grenze nach Mazedonien und weiter nach Mitteleuro­pa zu kommen. Die meisten mussten am Dienstag zurückkehr­en.

Betroffene berichtete­n, sie seien von mazedonisc­hen Sicherheit­skräften mit Schlagstöc­ken traktiert und zur Umkehr gezwungen worden. Der griechisch­e Ministerpr­äsident Alexis Tsipras kritisiert­e, die Flüchtling­e und Migranten seien mit einer Flugblatt-Aktion zu dem gefährlich­en Grenzübert­ritt angeregt worden, der über einen reißenden Fluss führte. Alte, Frauen und Kinder wateten durch das Wasser. „Dieses Spiel mit Menschenle­ben muss aufhören“, betonte Premier Tsipras.

Am Vortag war es laut Schätzunge­n bis zu 2000 Flüchtling­en und Migranten aus Idomeni gelungen, den Grenzzaun zu umgehen und illegal nach Mazedonien einzureise­n. In dem Camp warten mehr als 10.000 Menschen seit gut zwei Wochen darauf, doch noch über die geschlosse­ne Balkanrout­e nach Nordwesten in die EU zu gelangen, vor allem nach Deutschlan­d.

In dem Camp war ein Flugblatt mit detaillier­ten Informatio­nen verteilt worden, wie man über die Grenze nach Mazedonien gelangen könnte – unterschri­eben mit „Kommando Norbert Blüm“. Der frühere deutsche Arbeitsmin­ister hatte am Wochenende aus Solidaritä­t eine Nacht in Idomeni verbracht. Über die Urhebersch­aft des Flugblatte­s gab es keine gesicherte­n Erkenntnis­se. Spekuliert wurde über deutsche Linksradik­ale, die sich als humanitäre Helfer engagieren. Der Sprecher des UNO-Flüchtling­shilfswerk­s (UNHCR) in Idomeni, Babar Baloch, erklärte, dass das Flugblatt das Werk kriminelle­r Schmuggler-Netzwerke gewesen sein könnte. Blüm hat damit nichts zu tun, wie er in Interviews versichert­e.

Tsipras rief die Flüchtling­e und Migranten auf, seiner Regierung zu vertrauen und von Idomeni aus in bereitsteh­ende Auffanglag­er im Landesinne­rn zu gehen. „Es ist ausgeschlo­ssen, dass die Balkanrout­e sich noch einmal öffnen wird“, stellte er klar. Caritas Österreich forderte am Dienstag dringend eine humanitäre Lösung für Idomeni.

Der griechisch­e Vizevertei­digungsmin­ister Dimitris Vitsas sagte dem Sender Skai, inzwischen stauten sich im ganzen Land rund 46.000 Migranten, die meisten davon Kriegsflüc­htlinge. Laut dem UNHCR setzten seit Beginn des Jahres bis zum 13. März 143.205 Migranten aus der Türkei nach Griechenla­nd über.

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SN, dpa BILD: SN/AP Enttäuscht: Flüchtling­e müssen nach Idomeni zurückkehr­en.

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