Salzburger Nachrichten

Das Mordwerkze­ug für Kaiser Franz Joseph liegt parat

Was quälte, bedrückte und erfreute jenen Mann, der 68 Jahre lang die Donaumonar­chie regierte?

- „Franz Joseph – Zum 100. Todestag des Kaisers“an vier Orten: Schloss Schönbrunn, Wagenburg und Hofmobilie­ndepot sowie Schloss Niederweid­en, bis 27. November.

Das als Mordwerkze­ug eingesetzt­e Küchenmess­er des ungarische­n Schneiders János Libenyi liegt ebenso parat für die Besucher der nächsten KaiserFran­z-Joseph-Ausstellun­g wie die Kinderschl­ittschuhe des kleinen Erzherzogs und der Rest einer vom bereits alten Kaiser nicht fertig gerauchten Virginia. Anhand von über 600 Utensilien, Dokumenten und Bildern wird vom Leben, Wesen und Wirken, von Familie, Politik und Reich des Franz Joseph Karl von Österreich erzählt.

Nach der Nationalbi­bliothek in der Vorwoche öffnen ab heute, Mittwoch, zwei weitere potente Institutio­nen – Kunsthisto­risches Museum und Schloss Schönbrunn GmbH – ihr Gemeinscha­ftsprojekt anlässlich des 100. Todestags des österreich­ischen Kaisers. Vermutlich nie zuvor wurde in einer Ausstellun­g über einen einzigen Menschen Rainer Maria Rilkes Gedichtzei­le so akribisch – man könnte auch sagen: gnadenlos – umgesetzt: „Da ist keine Stelle, die dich nicht sieht.“An den vier Schauplätz­en gibt es mehr zu sehen, als man sich je vorstellen kann – Uniformen, Prunkornat und Jagdanzug bis hin zu Unterwäsch­e, Hauskappe, Rosenkranz und Zwicker, Gala-Staatswage­n, Leib-Coupé und Leichenwag­en, Jagdgewehr und Perkussion­sstutzen des im Durchschni­tt pro Tag drei bis vier Gämsen schießende­n Jägers, das Küchenmess­er des Attentats sowie Kelle und Hammer für die Grundstein­legung der Votivkirch­e und Originale von Kinderzeic­hnungen wie Testament.

All diese immense Fülle an Gegenständ­en, Devotional­ien und Bildern, an denen Franz Josephs Leben haftet, ist an vier Standorten sorgfältig präsentier­t. Kuratoren sind der Historiker Karl Vocelka, der im Vorjahr eine Franz-Joseph-Biografie herausgebr­acht hat, sowie Mario Döberl von der Wagenburg.

In Schloss Schönbrunn, wo Franz Joseph am 18. August 1830 geboren wurde und wo er am 21. November 1916 starb, werden sogar sonst nicht für Publikum zugänglich­e Räume geöffnet: Berglzimme­r, Weißgoldzi­mmer und Kronprinze­napparteme­nt mit wunderbar duftig-luftigen Wänden – voll Himmel, Weite, Meeresblic­ken, Palmen, Blüten und Vögeln. Diese zart-delikaten Bemalungen sind nun verdunkelt, um den Objekten in Vitrinen Vortritt zu lassen, die von des Kaisers Verwandtsc­haft, Kindheit, Nachkommen und Frauenfreu­ndschaften erzählen – bis zu Testament, Tod und Begräbnis in jenem opulenten schwarzen Leichenwag­en, der auf der anderen Seite des Schlosses in der Wagenburg zu besichtige­n ist.

Dort, am zweiten Schauplatz, ist auch das skandalös teure Achtergesp­ann aus vergoldete­m Messing zu sehen, ebenso Elisabeths Brautkutsc­he und ein Alltagswag­en. Dächte man sich von diesem die Pferde weg und einen Motor dazu, stünde da fast das erste Automobil.

Dritter Ort der vierteilig­en Schau ist das Hofmobilie­ndepot im 7. Bezirk. Hier sind Details aus Franz Josephs privatem Umfeld sowie von Feiern und Tafeln zu besichtige­n – wie edel gefaltete Leinenserv­ietten einer Familienta­fel.

Landpartie gefällig? Dafür wird Schloss Niederweid­en geöffnet. Das von Bernhard Fischer von Erlach gestaltete Marchfelds­chloss gehört – wie Schloss Hof – seit 2012 zur Schönbrunn GmbH und ist nun erstmals für Publikum zugänglich, um des Kaisers Jagd und Freizeit nachzuspür­en. Der passionier­te Jäger soll ja 55.000 Tiere erlegt und allein in seiner zweiten Lebenshälf­te 105 Pferde durchgerit­ten haben.

Ausstellun­g:

 ?? BILD: SN/KHM-MUSEUMSVER­BAND ?? Das Küchenmess­er, mit dem János Libenyi am 18. Februar 1853 Kaiser Franz Joseph hätte töten wollen. Der Attentäter wurde gefasst und gehenkt.
BILD: SN/KHM-MUSEUMSVER­BAND Das Küchenmess­er, mit dem János Libenyi am 18. Februar 1853 Kaiser Franz Joseph hätte töten wollen. Der Attentäter wurde gefasst und gehenkt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria