Auch eine Erdsuppe kann munden
Der Molekularbiologe Helmut Jungwirth verstärkt die „Science Busters“. Warum Freundschaftsanfragen von Glutamat unbeliebt sind.
GRAZ. Im vergangenen November hätte er bei einer „Science Busters“Show in Graz zehn Minuten lang referieren sollen. Da an diesem Abend der legendäre Science Buster Heinz Oberhummer aber aus Gesundheitsgründen ausfiel, stand der 37jährige Grazer Helmut Jungwirth den ganzen Abend auf der Showbühne. Ein klassischer Sprung ins kalte Wasser. Einer aber, der Lust auf mehr gemacht hat. Nach dem Tod von Oberhummer und dem Rückzug von Werner Gruber wird der Molekularbiologe Jungwirth nun gemeinsam mit dem Astronomen Florian Freistetter, der Verhaltensbiologin Elisabeth Oberzaucher und dem Kabarettisten Martin Puntigam das populärwissenschaftliche Erfolgsformat weiterführen.
Die Wissenschaftsvermittlung ist ihm nicht fremd. Im Gegenteil. Helmut Jungwirth leitete einst das Offene Labor Graz und ist seit 2011 der Chef der „7. fakultät“, des Zentrums für Gesellschaft, Wissen und Kommunikation der Universität Graz. Dort, wo unter anderem Forschungsbereiche in Kurzvorträgen in Pubs präsentiert werden oder Mitmachlabore für alle Interessierten offen sind, fühlt Jungwirth sich wohl. „Hier braucht man keine Vorkenntnisse und die Leute kommen, weil sie merken, dass Wissenschaft auch Spaß machen kann“, sagt der Grazer. Wie eben bei „Science Busters“.
Derzeit werden die neuen Folgen gerade gedreht, ab 12. April geht die neue Staffel auf Sendung. Zusätzlich zu den Fernsehauftritten gibt es für die illustre Wissenschafterrunde auch Bühnenshows im ganzen deutschsprachigen Raum. „Dieser Nebenjob ist eigentlich ziemlich zeitintensiv, aber er macht Spaß und ich werde von meinem Rektorat auch voll unterstützt“, berichtet Jungwirth, der sich in Graz unter anderem mit seinem Geschmacks- labor einen Namen gemacht hat. Erst kürzlich wurde in der Aula demonstriert, wie man aus Erde eine Suppe kocht, mit Pinguinkot den Mars bewohnbar machen könnte und wie man einen Asteroiden to go bastelt.
Für das „Science Busters“-Programm „Das Universum ist eine Scheißgegend“ließen es Jungwirth und Puntigam krachen und rauchen, die Popstars der Forschung kreierten eine Erdsuppe, die auch im Publikum verkostet wurde. Ob sie ihm, Jungwirth, auch mundet? „Ja, vielleicht gewöhnungsbedürftig, aber gut.“
Dass Wissenschaftsshows wie „Science Busters“so beliebt sind, freut den Molekularbiologen. „Wir Wissenschafter haben ja nur Erfolg, wenn es auch eine Akzeptanz in der Bevölkerung gibt. Die Zeiten des Elfenbeinturms sind endgültig vor- bei“, sagt der 37-Jährige, der nach einigen Jahren an der Universität in Tübingen sowie einer Tätigkeit im Vienna Biocenter wieder nach Graz zurückgekehrt ist.
Im SN-Gespräch nennt er das Beispiel seiner 76-jährigen Mutter. Die wissbegierige Frau würde, so Jungwirth, nie zu einem streng wissenschaftlichen Vortrag kommen, weil sie nicht studiert und Angst hat, etwas nicht zu verstehen. Über das von Martin Puntigam entwickelte Showformat würden die abschreckenden Barrieren der „hohen Wissenschaft“abgebaut. Viele Ängste innerhalb der Bevölkerung seien unbegründet, die Motivation, Wissen zu konsumieren, sei ein Gebot der Stunde: „Wer nichts weiß, muss alles glauben.“
Auf der „Science Busters“Bühne gebe es vorgegebene Themen und trotzdem bleibe stets viel Platz für Improvisation, berichtet der Grazer. Nicht nur bei Missgeschicken, wie etwa seinem Auftritt Anfang Jänner in Wien, als Helmut Jungwirth auf die Bühne gestolpert ist: „Puntigam hat das sofort aufgegriffen und daraus einen perfekten Einstieg gemacht.“Als frischgebackene Träger des Deutschen Kleinkunstpreises werden die neu formierten „Science Busters“ab April mit der neuen Show „Glutamat möchte mit Dir befreundet sein“auf Tour gehen. Das Trio wird der Frage nachgehen, warum es so viele Geschichten rund um das Glutamat gibt, wo man im Universum die besten Speiseasteroiden findet und warum Mikrowellen einen EierSchmäh haben.
Vor Oberhummer und Gruber, die „eine Marke gesetzt haben“, hat Jungwirth großen Respekt: „Ich kann und will da nichts kopieren, versuche, mein Bestes zu geben. Vielleicht hat das auch Erfolg.“