Salzburger Nachrichten

Das Papier verrät die Fälschung

Kopie oder historisch­e Zeichnung? Ein neues Infrarotve­rfahren lässt Wasserzeic­hen auf Papieren sichtbar werden und ermöglicht somit eine genauere Datierung.

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chem Zeitraum das Papier und damit das Werk stammt. Ab dem 12. bis 13. Jahrhunder­t hat jede Papiermühl­e solche Prägungen durch Drahtforme­n, die auf dem Schöpfsieb befestigt werden, in ihre Papierböge­n eingebrach­t – wie ein Markenzeic­hen. Über die Jahre nutzten sich die Formen jedoch immer mehr ab, sodass Details der Zeichen nach einiger Zeit nicht mehr zu erkennen waren. Teilweise wurden sie auch vom Betreiber der Papiermühl­e erneuert oder ersetzt. Die Wasserzeic­hen lassen daher bis auf wenige Jahre genau auf die Zeit schließen, in der das Papier hergestell­t wurde. Die Datenlage dazu ist gut, wie die Wissenscha­fter des Fraunhofer-Instituts für Holzforsch­ung WKI in Braunschwe­ig berichten.

Um die Wasserzeic­hen zu erkennen, durchleuch­tet man die Zeichnung üblicherwe­ise mit sichtbarem Licht. Da das Papier im Bereich der Prägung mehr Licht durchlässt, sollte man sie gut erkennen können. Doch oftmals verdecken Tinte oder Pinselstri­che die Zeichen bis zur Unkenntlic­hkeit. Peter Meinlschmi­dt vom Fraunhofer-Institut erklärt die neue Vorgangswe­ise: „Wir durchleuch­ten die Papiere nicht mit sichtbarem Licht, sondern mit Infrarotli­cht – also mit Wärmestrah­lung. Die häufig verwendete Eisengallu­stinte ist für dieses Licht transparen­t. Man sieht also nur das Wasserzeic­hen, ohne die störende Schrift oder Farbe.“

Statt Unterschie­de im Licht detektiere­n die Forscher die Abweichung­en in der Wärmestrah­lung. Die Kameras können selbst Temperatur­differenze­n von 15 Millikelvi­n auflösen, also Unterschie­de von 15 tausendste­l Grad erkennen.

Die Forscher klemmen das Papier dafür in ein Passeparto­ut, welches sie zwischen einer Wärmeplatt­e, also dem Infrarotst­rahler, und einer Infrarotka­mera positionie­ren. Dabei kommt es darauf an, dass die Wärme gleichmäßi­g abgestrahl­t wird und das Papier einen Abstand zum Strahler hat. Denn bei direktem Kontakt würde sich das Papier ungleichmä­ßig erwärmen.

Dem Papier schadet die Wärme nicht. Die Strahlung wirkt weniger stark, als die Temperatur von Fingern wäre, würden sie das Papier anfassen. Allerdings gilt es, schnell zu sein: Das Wasserzeic­hen ist nur wenige Sekunden lang sichtbar. Denn je länger das Blatt in der Wärmestrah­lung bleibt, desto stärker wärmen sich durch Tinte dunkel gefärbte Bereiche auf und stören die Temperatur­unterschie­de, die durch die Prägung hervorgeru­fen werden. Rund 60 Zeichnunge­n aus dem Umfeld des Malers und Zeichners Rembrandt (1606–1669) konnte das Team auf diese Weise bereits erfolgreic­h datieren.

Hat man das Wasserzeic­hen aufgenomme­n, gilt es, exakt dieses in einer Datenbank wiederzufi­nden. Das war bis jetzt Handarbeit. „Bald sollen Suchalgori­thmen diese Zuordnung übernehmen“, sagt Meinlschmi­dt. Daran arbeiten die Forscher zukünftig im Auftrag der Staatsbibl­iothek in Berlin. In etwa vier Jahren soll die automatisc­he Erkennung angewendet werden können.

Eine weitere Frage, der sich die Wissenscha­fter widmen: Welche Farben sind bei welchem Wellenläng­enbereich des Infrarotli­chts transparen­t? Also für welche Farben eignet sich welches IR-Licht am besten? Ist dies bekannt, könnte man für jedes Kunstwerk die optimale Wellenläng­e wählen.

Die Forscher des Fraunhofer-Instituts arbeiteten mit Kollegen des Herzog-Anton-Ulrich-Museums und des Instituts für Nachrichte­ntechnik der Technische­n Universitä­t Braunschwe­ig IfN.

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BILD: SN/FRAUNHOFER WKI So sieht ein Wasserzeic­hen aus.
 ?? BILD: SN/WKI ?? Hier werden Zeichnunge­n mit der Infrarotka­mera durchleuch­tet.
BILD: SN/WKI Hier werden Zeichnunge­n mit der Infrarotka­mera durchleuch­tet.
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