Unfallzahlen sollen heute Beweis liefern
9000 Datensätze der Polizei wertet die Landesstatistik aus. Heute, Mittwoch, soll klar sein, ob es auf der Autobahn jetzt zu mehr Unfällen wegen Tempo 80 kommt oder nicht.
SALZBURG. Seit gut einem Jahr gilt auf der Westautobahn zwischen Salzburg-Nord und dem Knoten Walserberg das flexible Tempolimit. Bei schlechten Luftwerten ist Tempo 80 aktiviert, ansonsten gelten 100 Stundenkilometer. Doch Tempo 80 soll nachweislich höhere Unfallzahlen mit sich bringen, sagt der renommierte Unfallsachverständige Gerhard Kronreif. Zuletzt ist darüber ein Streit im Landtag entbrannt, der für zwei führende Verkehrspolizisten sogar ein internes Nachspiel hat.
Nun hat die Autobahnpolizei Anif am Freitag 9000 Datensätze beginnend mit dem Jahr 2005 an die Landesstatistik übermittelt. Die Statistiker sollen jetzt objektiv auswerten, ob die Unfälle mehr geworden sind oder nicht.
Bis heute, Mittwoch, soll diese Auswertung vorliegen. Gernot Filipp, Leiter der Landesstatistik, sagt: „Pro Datensatz gibt es 40 Variable, ob der Unfall mit Baustelle oder ohne passiert ist, im Tunnel war oder nicht. War ein Lkw beteiligt? Wie schwer war der Unfall? Das ist sehr zeitaufwendig. Hinzu kommt, dass die Schaltzeiten von Tempo 80 und 100 von der Asfinag zugeordnet werden müssen.“
Im Schnitt ereigne sich etwa alle zwei Tage ein Verkehrsunfall in diesem Abschnitt. Das sei bei einem täglichen Verkehrsaufkommen von im Schnitt 70.000 Pkw und 7000 Lkw nicht viel. Ist da ei- ne seriöse Auswertung möglich? „Mit gewissen Einschränkungen. Letztlich gilt Tempo 80 noch nicht sehr lange, sodass es ein recht kurzer Zeitraum ist“, sagt Filipp. Bei Sachschäden bestehe zudem keine Meldepflicht.
Der Unfallsachverständige Gerhard Kronreif hat die Aufzeichnungen der Autobahnpoli- zei Anif schon im Herbst ausgewertet und die Zeiträume ab 20. Mai 2014 (Tempo 100) und ab 20. Mai 2015 (Tempo 80) verglichen. Sein Resümee klingt eindeutig: „Die Unfälle bei Fahrstreifenwechseln haben sich verdoppelt, die Zahl der Auffahrunfälle beinahe auch. Die Unfälle mit Verletzten sind deutlich mehr geworden. Seit Tempo 80 ist jeder dritte Unfall auf einen Fahrspur- wechsel zurückzuführen. Das ist es, was sich massiv geändert hat.“
Er habe sehr wohl die Schaltzeiten von Tempo 80 und 100 berücksichtigt. Kronreif bleibt bei seiner seit Wochen geäußerten Kritik: „Es ist gefährlicher geworden, das lässt sich belegen. Und daher gibt es Handlungsbedarf.“Der Grund: Am rechten Fahrstreifen komme es durch Tempo 80 zu einer Verdichtung des Verkehrs.
Relevant für die Beurteilung der Gefährlichkeit seien die Unfälle bei Fahrstreifenwechsel und die Auffahrunfälle, sagt Kronreif. Nicht heranzuziehen sei die Gesamtzahl der Unfälle. Denn darin seien Baustellenunfälle, Tankstellen- und Parkplatzunfälle, Unfälle durch Aquaplaning, Sekundenschlaf, Schleudern, Abkommen von der Fahrbahn ohne Fremdeinwirkung, Wild- und Reifenschadenunfälle enthalten. „Die Gesamtunfallzahl hängt von Zufälligkeiten ab und auch wenn diese 2015 weniger geworden ist, ist das eben nicht aussagekräftig. Beispielsweise gab es 45 Baustellenunfälle 2014“, sagt Kronreif.
„ Seriöse Auswertung nur mit gewissen Einschränkungen.“