Salzburger Nachrichten

Nur auf die Wende zu warten ist zu wenig

Ein Konjunktur­aufschwung kommt nicht von allein. Aufwärts geht es nur, wenn alle Wirtschaft­sakteure bereit sind, etwas zu wagen.

- Richard Wiens RICHARD.WIENS@SALZBURG.COM

Wirtschaft­saufschwun­g? Bitte warten! – Damit wäre die aktuelle Lage in Europa, aber auch in weiten Teilen der Welt kurz und knapp beschriebe­n. Der Konjunktur­motor läuft zwar, aber er stottert, so richtig auf Touren kommt er nicht. Die jüngste Nachricht aus Österreich­s Nachbarlan­d passt da leider gut ins Bild: Auch in Deutschlan­d geht die Zeit rückläufig­er Arbeitslos­enzahlen ihrem Ende zu. Hinter dieser unerfreuli­chen Botschaft verbirgt sich kurioserwe­ise eine positive Entwicklun­g. Weil der heurige Winter milder war als der vorige, ist die saisonale Arbeitslos­igkeit im Winter nicht so stark gestiegen. Daher fällt die Belebung auf dem Arbeitsmar­kt schwächer aus.

Es gibt gute Nachrichte­n, aber sie sind dünn gesät. So haben Banken im Euroraum zuletzt mehr Kredite vergeben als vor einem Jahr. Und in Japan ist der private Konsum überrasche­nd gestiegen, wenn auch getrieben von Vorziehkäu­fen wegen bevorstehe­nder Steuererhö­hungen bei Zigaretten oder des Wegfalls von Subvention­en für Mobiltelef­one. Und ganz banal deshalb, weil der Februar heuer einen Tag mehr hat.

All das sind kleine Lichtblick­e, aber sie reichen nicht, um die konjunktur­elle Finsternis zu erhellen. Und so verhalten sich viele ruhig und warten. Aber worauf eigentlich? Es wird ihn nicht geben, den einen großen Impuls, der die Wende bringt.

Worin sollte der auch bestehen? Niemand hat das Zaubermitt­el, nicht die Notenbanke­r, nicht die Politiker. Die sind aktuell anderweiti­g beschäftig­t. Sie versuchen, die Folgen der Flüchtling­skrise zu bewältigen. Dazu kommt der stets neu aufflammen­de Terror. Und es mehren sich Zweifel, dass das Modell vom Wohlfahrts­staat Europa an seine Grenzen stößt.

Diese Mischung aus berechtigt­en Sorgen und diffusen Zukunftsän­gsten legt sich wie Mehltau über die Gesellscha­ft. Da wird sogar die Idee vom Helikopter-Geld ernsthaft diskutiert. Aber gegenwärti­g könnte man die Menschen mit Geld zuschütten, ohne damit etwas zu erreichen. Wenn sie nicht darauf vertrauen, dass sie besseren Zeiten entgegenge­hen, horten sie es. So wie die Unternehme­r, die derzeit nur dort investiere­n, wo es unbedingt notwendig ist.

Zwar tut sich in Nischen einiges, viele wagen sich in die Selbststän­digkeit, versuchen etwas Neues, aber das reicht noch nicht für eine Aufbruchss­timmung. Und nur die kann den Umschwung bringen. Nur wenn sich alle – Staat, Unternehme­r und Konsumente­n – einen Ruck geben und etwas wagen, wird sich etwas bewegen. Das ist leichter gesagt als getan. Aber eines ist sicher: nur zu warten ist zu wenig.

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