Von zwei, die auszogen, ein neues Österreich zu denken
Trautl Brandstaller und Erhard Busek nähern sich den Problemen des Landes von unterschiedlichen Seiten.
Sie sind ein Paar der Gegensätze – und auch wieder nicht. Erhard Busek war ÖVP-Obmann und Vizekanzler. Trautl Brandstaller erwarb sich als ORF-Redakteurin den Ruf einer linken Feministin und ist mit einem führenden ehemaligen SPÖ-Politiker verheiratet. Und doch haben die beiden äußerlich so unterschiedlichen Geister gemeinsame Wurzeln. Beide waren einst in der Katholischen Hochschulgemeinde aktiv. Beide empfingen geistige Anregungen von damals führenden Kirchenmänner, etwa Otto Mauer. Busek engagierte sich in der katholischen Laienbewegung. Brandstaller sammelte journalistische Erfahrungen bei der Kathpress und der kirchennahen „Furche“, ehe sie mit dem feministischen ORF-Magazin „prisma“österreichweit bekannt wurde.
In ihren reifen Jahren haben die beiden Mittsiebziger nun wieder zusammengefunden und gemeinsam ein Buch geschrieben: „Republik im Umbruch“. In zehn Kapiteln analysieren die beiden, jeder für sich, nicht nur die Schwachstellen unseres Landes, sie entwerfen auch ein Gegenkonzept zum Stillstand und Kleingeist, der Österreich prägt. Trautl Brandstaller etwa skizziert ein Bildungsprogramm, das von der Verlängerung der Schulpflicht bis 16 Jahre über ein umfassendes Schulneubau-Programm bis hin zum Konzept des lebenslangen Lernens reicht. Busek fordert eine aktivere Rolle Österreichs in der EU-Außenpolitik und in der Friedenspolitik. Brandstaller ruft nach einer neuen Verfassung und einer Neuordnung der Kompetenzen nach dem Prinzip der Subsidiarität. Busek stellt die ketzerische Frage, ob eine stärkere Differenzierung des Schulsystems nicht die bessere Alternative zur Gesamtschule ist. Und beide zerbrechen sich den Kopf über die Medienlandschaft und den ORF. Eine interessante Streitschrift zweier Querköpfe, die nicht immer einer Meinung sind – außer in ihrer Kritik an den herrschenden Zuständen.