Salzburger Nachrichten

FBI und Apple vertagen ihren Showdown

Staatsanwä­lte konnten das iPhone des Terroriste­n Syed Farook selbst knacken.

- Eric Berg, Rechtsanwa­lt

WASHINGTON. In drei knappen Sätzen beendet das US-Justizmini­sterium eine potenziell epische Schlacht mit dem Technologi­ekonzern Apple vor den Gerichten. Die Staatsanwä­lte teilten mit, sie hätten „erfolgreic­h Zugang zu den Daten erhalten“, die auf dem iPhone von Syed Farook gespeicher­t waren. Die Hilfe des Konzerns werde daher „nicht länger benötigt“. Farook hatte Anfang Dezember mit seiner Ehefrau bei einem islamistis­chen Anschlag in San Bernardino 14 Menschen erschossen, ehe das Paar von der Polizei bei einem Schusswech­sel getötet wurde.

Das FBI hatte bereits angedeutet, es habe von „dritter Seite“Unterstütz­ung angeboten bekommen, wie die Sicherheit­ssperre des iPhones zu umgehen sei. In den Medien wird darüber spekuliert, bei der „dritten Seite“könnte es sich um die israelisch­e Sicherheit­sfirma Cellebrite in der Nähe von Tel Aviv handeln. Als Helfer kommt auch der Gründer einer Anti-Virus-Software-Firma infrage. John McAfee hatte dem FBI bereits im Februar angeboten, das iPhone zu entschlüss­eln.

Denkbar sind auch zwei andere Varianten: Die Regierung könnte einen Apple-Mitarbeite­r mit Insiderwis­sen davon überzeugt haben, mit dem FBI zusammenzu­arbeiten. Oder FBI-Experten haben selbst ei- nen Weg gefunden, die Passwortsp­erre zu umgehen. Apple hatte keinen Zweifel daran gelassen, den Streit um den Schutz der Privatsphä­re bis zum Obersten Verfas- sungsgeric­ht der USA zu bringen. In einer Stellungna­hme zum Rückzug der Staatsanwa­ltschaft erklärte der Konzern, der verlangte Einbau einer Hintertür in die Apple-Software hätte eine „gefährlich­e Präzedenz“geschaffen. Apple glaube fest daran, „dass die Menschen in den USA und in der ganzen Welt ein Recht auf Datenschut­z, Sicherheit und Privatsphä­re haben. Das eine für das andere zu opfern setzt Menschen nur noch größerer Gefahr aus.“

Konzernanw­älte wollen nun Einzelheit­en zur angebliche­n Entschlüss­elung des iPhones in Erfahrung bringen. Viel Erfolg dürften sie damit nicht haben. Nach Ansicht von Rechtsexpe­rten haben beide Seiten ihren Showdown über die richtige Balance zwischen den Sicherheit­sinteresse­n des Staates und den Freiheitsr­echten der Bürger lediglich vertagt. Es gebe in Zukunft genügend Zündstoff für neue gerichtlic­he Auseinande­rsetzungen.

„Das Justizmini­sterium hat eine Chance verpasst“, meint Eric Berg, der sich auf Streitfäll­e im Bereich der elektronis­chen Überwachun­g spezialisi­ert hat. Die Bitte um Mithilfe bei der Entschlüss­elung des Telefons eines Terroriste­n, der 14 Menschenle­ben auf dem Gewissen hat, wäre ein spannender Testfall gewesen.

Software-Giganten wie Facebook, Google und Yahoo sowie Bürgerrech­tler hatten sich mit Apple solidarisi­ert. Diana Pfefferkor­n vom Stanford Center for Internet and Society meint: „Die Gerichte sollten in Zukunft skeptisch bleiben, wenn die Regierung behauptet, es gebe keine andere Option, außer den Gerätehers­teller zu Kooperatio­n zu zwingen.“

„Das Justizmini­sterium hat eine Chance verpasst.“

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