Wenn die Bordmusik Wellen schlägt
Die Reisen auf Kreuzfahrtschiffen werden immer beliebter, und das nicht nur bei Urlaubern, sondern auch bei Künstlern aller Art.
Man könnte à la Niki Lauda auch immer im Kreis fahren, allerdings mit anderem Tempo und viel mehr PS. Eine zehntägige „Kreisfahrt“führt von Mallorca aus über Korsika nach Rom und dann die italienische Riviera entlang zur Côte d’Azur, „runter“nach Barcelona und dann über Ibiza wieder nach Mallorca zurück. Zwölf Mal fährt der Kreuzfahrtriese „Mein Schiff 3“heuer ab Mai diese Runde. Einer der Rundfahrttermine zieht die Aufmerksamkeit wegen besonderer Gäste auf sich.
Kreuzfahrten boomen, die Prospekte der Reisebüros platzen vor Angeboten der touristischen Seefahrt in allen Preisklassen. Doch da gibt es ein Segment der Luxusklasse, das die ohnehin nicht gewöhnliche Art, Urlaub zu machen, auf höchstes Niveau hebt, nämlich kulturell. Es ist die jeweilige Bordmusik, und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Wenn die Wiener Philharmoniker an Bord sind, ist das quasi nicht zu toppen. Und wenn das Wiener Nobelorchester auf Kreuzfahrt geht, sind weitere Stars nicht weit. Der Dirigent Zubin Mehta, die Mezzosopranistin Bernarda Fink, Bariton Thomas Hampson und der Tenor Ramón Vargas sind „im Angebot inbegriffen“. Es gibt zwei Orchesterkonzerte an Land – Mehta dirigiert ein Beethoven-Kon- zert in der Oper Florenz, Konzertmeister Rainer Honeck leitet eines im Palau de la Música in Barcelona – und dazu Recitals an Bord. Auch The Clarinotts sind dabei. Die Proben sind für Publikum offen. Genau das sei es, was die Musikreisenden liebten, sagt Andreas Großbauer, Philharmoniker-Vorstand.
Die Wiener Philharmoniker setzen eine Tradition fort, man durchquerte schon das östliche und westliche Mittelmeer und sogar die Ostsee, es gab Konzerte in Königsberg unter Christian Thielemann oder in Istanbul unter Herbert Blomstedt. Was heuer auffällt, ist der frühe Termin zwischen 5. und 15. Mai, denn bisher wurden Kreuzfahrten in die Zeit zwischen Wiener Saisonschluss und Salzburger Festspiele gelegt. „Ich möchte, dass das Orchester seinen Sommerurlaub macht“, sagt Andreas Großbauer. „Es ist ganz wichtig, dass es eine Erholungsphase vor den Festspielen gibt.“Freiwillige zu finden „ist eher leicht, weil es nett ist und weil es auch für die Musiker einen gewis- sen Entspannungsfaktor zwischendurch gibt. Ich finde diese Schifffahrt besonders schön, weil sie uns auf engerem Raum mit Fans zusammenbringt. Man kann sich austauschen und bekommt mit, wie geprobt wird. Dann wird gemeinsam zum Konzertsaal gefahren, das hat eine besondere Aura“, sagt Andreas Großbauer.
Michael Springer und sein Klagenfurter Familienunternehmen MS6 organisieren gemeinsam mit der Künstleragentur Buchmann die philharmonischen Kreuzfahrten, aber auch Flusskreuzfahrten mit den Wiener Symphonikern oder Reisen mit Künstlern wie Udo Jürgens. Springers Tochter Michaela denkt schon an die nächste Genera- tion der „Kreuzfahrer“. Vom 12. bis 16. Oktober hat eine Fan-Kreuzfahrt zwischen Genua und Barcelona die Popband Wanda an Bord.
Michael Springer ist ein cleverer Geschäftsmann. Als die Philharmoniker ihre letzte Asien-Tournee absolvierten, war er quasi im Windschatten werbend dabei.
Gerade in Ländern wie Japan, Korea oder Taiwan gibt es eingeschworene Fans, aber auch aus Mexiko und Australien reisen Gäste für die Philharmoniker-Kreuzfahrt an. Allerdings riskiert Springer auch allerhand, denn er muss rund 550 Kabinen auf dem TUI-Schiff vorfinanzieren. Allein 70 Kabinen benötigt das Orchester.
Auf ein völlig anderes Konzept setzt der Tenor Michael Schade, Intendant der Barocktage Melk. Seit 2009 leitet er auf dem HapagLloyd-Schiff „MS Europa“den Gesangswettbewerb „Stella Maris“, der heuer zwischen 4. und 18. Oktober stattfindet.
Zwar entscheidet eine Jury, der auch einflussreiche Manager wie Jürgen Flimm angehören, wer Sieger wird, doch ist das Publikum involviert und vergibt einen mit 15.000 Euro dotierten Preis. Die Kandidaten werden von namhaften Opernhäusern entsandt und dürfen auf einen Karriereschub hoffen.
Michael Schade sagt offen: „Das Kapital eines Sängers sind Kontakte, und diese versuchen wir auch herzustellen.“
„Das Publikum ist als ,Jury‘ mit einbezogen.“