Schiff ahoi aus voller Brust
„Reisesopranistin“Marlis Petersen: Auch einer dreifachen „Sängerin des Jahres“machen Auftritte bei Kreuzfahrten Spaß.
Die großen Erfolge feiert Marlis Petersen in den Opernhäusern der Welt, wie im Vorjahr als Lulu in München und New York. Dazwischen geht die „Sängerin des Jahres 2015“gerne auf Reisen – zur Arbeit. SN: Was reizt Sie persönlich an Kreuzfahrten? Petersen: Für mich sind Kreuzfahrten ein großes Geschenk. Musik machen außerhalb der gewöhnlichen Zusammenhänge, kein Opernhaus oder Konzertsaal, sondern auf dem Schiff mit Blick auf das ewige Blau. Meine Neugier auf andere Länder, Kulturen und besonders „Naturen“kann sich hier mit meiner Berufung verquicken und es fühlt sich immer ein bisschen an wie ein Anhalten der Zeit. SN: Wie viele Kreuzfahrten haben Sie schon absolviert? Es sind jetzt insgesamt zehn Kreuzfahrten. Ich habe Norwegen bereist, Vietnam, China, Thailand, Indien, bin durch den Panama- und Suez- kanal, mit Halt im Oman, in Jordanien und dann zurück ins Mittelmeer in mein Griechenland. Die spannendsten Reisen sind für mich immer die Ausflüge ins Extreme. Die Südsee von Tahiti bis Auckland, vorbei an Bora Bora, den Fidschi-Inseln und den Cookinseln, in Berührung kommen mit seltsamen Tieren, Ureinwohnern, die sinnlichen Erlebnisse wie die Tahiti-Perlen, Vanilleplantagen, Gewürze bisher ungekannter Arten. Und für immer unvergesslich für mich war eine Expedition in die Antarktis. Da wird man ganz still, und ein großes Staunen über die Schönheit unserer Erde breitet sich im Herzen aus. SN: Kommen die Fans auch zu nahe auf einem „unentrinnbaren“Schiff? Man ist dem Publikum natürlich wesentlich näher als normalerweise in unserem Beruf, sieht die Menschen quasi jeden Tag schon zum Frühstück und erlebt die Ereignisse der Schiffstage und Ausflüge gemeinsam. Ich habe es als sehr schön empfunden; es hat eine sehr per- sönliche Note und man kann Diva zu Hause lassen.
die SN: Gibt es so etwas wie Stammgäste? Die gibt es tatsächlich! Wen der Schiffsvirus gepackt hat, ist immer wieder zu finden. Einige Passagiere fahren auch gleich einmal ein halbes Jahr auf demselben Schiff, und da ist die Chance groß, dass man sich auf der überüberübernächsten Route wieder trifft! SN: Hat man überhaupt Zeit genug für Landausflüge? Manchmal klappt das gut, manchmal weniger; es kommt immer darauf an, wie viele Künstler an Bord sind und ob man z. B. allein für die Klassik zuständig ist.
Manchmal sind ausgerechnet Proben eingeteilt, wenn eine spannende Anlandung ist, aber das muss man natürlich akzeptieren, denn die Künstler sind ja für die Gäste da und nur in zweiter Linie zum Vergnügen. Aber meistens findet sich doch ein Moment, dass man von Bord kann. SN: Wie ist man von der Umwelt beeinflusst, also z. B. durch tropische Hitze im Äquatorbereich oder bittere Kälte am Nordkap? Ist das schwierig für eine Sängerin? Wenn ich so wunderbare Orte bereisen kann, schalte ich ganz bewusst meine Empfindlichkeiten ab und dafür meine Genusssensoren ein. SN: Wie sind die akustischen Verhältnisse auf einem Schiff? Die Akustik an Bord ist natürlich schwierig. Die Räume haben sehr niedrige Decken und sind hightechisoliert, da ist keine Konzertakustik möglich. Die „Klassiker“, die ohne Mikrofon arbeiten, haben es besonders schwer. Im großen Atrium gibt es eine Tonanlage, da kann für die großen Shows und Musicals Hall oder Echo dazugeschaltet werden. SN: Kreuzfahrten haben den Ruf, dass man durch das lukullische Angebot rasch eine Gewichtszunahme verzeichnet . . . O ja! Die ersten beiden Reisen habe ich zu jeder Mahlzeit alles probieren müssen; es gehen einem die Augen über angesichts der Vielfalt und Qualität der Speisen – ich spreche hier von der „MS Europa“. Aber die Schiffsbauer waren schlau und haben einen Fitnessraum gebaut, und man kann sogar auf dem Sportdeck sein Jogging rund um die Reling absolvieren und die Pfunde wieder loswerden.