Mitten im Achten schweigt das Handwerk
Das älteste durchgehend bespielte Theater Österreichs macht für vier Monate eine ungewöhnliche Pause. Auch Werkstätten müssen einmal saniert werden.
den derweil im rund 20 U-Bahn-Minuten entfernten Wiener Stadtteil Aspern arbeiten, wo das Josefstädter Theater vor zwei Jahren – neben dem Fundus – eine Probebühne eröffnet hat. Zweitens wird mitten im Achten – von hier erblickt man den Stephansdom und ist in zehn Minuten zu Fuß im 1. Bezirk – traditionsreiches Handwerk erhalten und modernisiert. Und drittens wird mit den Werkstätten eine epochale Bauetappe beendet. „1924 war Max Reinhardt, jetzt sind wir dran“, sagt der Kaufmännische Direktor Alexander Götz. Dieses Großprojekt kann bis Anfang August gelingen? „Wenn, dann machen wir so etwas gründlich und schnell.“
Die Baugeschichte dieses ältesten durchgehend bespielten Theaters in Wien hat drei Meilensteine: Nachdem seit 1788 hier Theater gespielt worden war, wurde das Haus 1822 bis 1840 nach Plänen Josef Kornhäusels neu gebaut und um Sträußelsäle sowie Eingangsfoyer erweitert. 1923/1924 ließ es Max Reinhardt nach Vorbild des Venezianischen Teatro La Fenice neu gestalten. Die nächste Bauepoche, die 2006/2007 um 18,3 Mill. Euro mit der Renovierung des Haupthauses – von Fassade bis Tapete, Hydrant bis Stuck, Zuschauerraum bis Künstlergarderoben – begonnen hat, wird nun mit den Werkstätten vollendet.
Alter Malersaal, wo nun Tischler werken, neuer Malersaal, Schlosserei, Tischlerei und Tapeziererei wurden im vorigen Jahrhundert hinter die Bühne und zwischen mehrstöckige Häuser an Piaristengasse und Lange Gasse gepfercht. Diese nun über fünfzig Jahre alten Bauten haben zwar charmantes, an Che-Guevara-Plakat, Kuba-Fahne, Neonröhren und alten Wanduhren haftendes Flair. Doch Arbeitnehmerschutz und -komfort – etwa mit dem Pausentisch zwischen Farbtöpfen – sind obsolet.
Die 1,5 Millionen Euro für diese Sanierung sind nach Angaben von Alexander Götz privat finanziert. Wichtigster Mäzen ist – wie für alle jüngsten Investitionen des Theaters – der Fondsmanager Peter Pühringer. Günter Rhomberg, Präsident der Trägerstiftung des Theaters und bis Ende März Chef der Bundestheater-Holding, hat auch einiges beigesteuert. Zudem engagieren sich Freunde des Josefstädter Theaters mit Spenden, auf dass nun die Elektrotechnik so generalüberholt werden kann, dass dreipolige Stecker zur Normalität werden. Anlagen für Druckluft und Luftabsaugung werden ebenso erneuert wie Klimatechnik und Beleuchtung. Für das Lackieren wird ein Raum samt Luftabsauger eingerichtet.
Sieben unscheinbare, sich um einen rechten Winkel drehende Stufen am Eingang hinunter zum Malersaal sind für Tischler und Maler das, was für die Schneider nebenan ein Nadelöhr ist. Über diese ums Eck führende Stiege musste jedes zu bemalende oder sonst zu bearbeitende Bühnenteil gehievt werden. Rekordträchtig waren je 260 Kilogramm schwere Wandteile für „Dunkle Begierde“. Wer kann so etwas heben? „Vier starke Männer“hätten das geschafft, sagt Alexander Götz. Nun wird die Stiege durch Podium und Lift ersetzt.
Auch danach bleibt das Bühnenbildbauen fürs Josefstädter Theater ein Puzzlespiel. Legendäre Engstelle ist und bleibt das mit 2,3 mal 2,5 Meter (für ein Theater) winzige Tor an der Piaristengasse. Durch dieses muss – vom im Piaristenkloster angemieteten Lager – jedes Bühnenbildteil geschoben oder gehoben werden. Geschichtsträchtig ist dieses mit „Bühneneingang“überschriebene Schlupfloch auch, weil da seit Theatergedenken jeder Künstler in seine Garderobe geht – angefangen von Ferdinand Raimund über Carl Carl und Johann Nestroy.