Sie sorgen für Sicherheit über den Wolken
Seit 35 Jahren begleiten Air Marshals der Cobra österreichische Flüge in gefährdete Destinationen. Was im Ernstfall passiert.
WIEN. Die Entführung einer ägyptischen Airbus-Maschine, die am Dienstag in Zypern zur Landung gezwungen worden war, sorgte für bange Momente. Ein anfänglich vermuteter Terrorakt bestätigte sich nicht.
Dennoch bleibt die Frage: Was passiert, wenn es zum Ernstfall kommt? In Österreich stehen in solchen Momenten die Spezialisten des Einsatzkommandos (EKO) Cobra bereit. „Dass ein Flugzeug entführt wird, kam schon lange nicht mehr vor. Die Bedrohungsszenarien der letzten Zeit sahen anders aus. Terroristen planen eher, eine Maschine zum Absturz zu bringen oder Sprengstoffattentate“, erklärt Christoph Scherz, Leiter des AirMarshal-Programms des EKO Cobra. Im Jahr 1981 wurde das Konzept in Österreich ins Leben gerufen. Seitdem begleiten spezial geschulte Cobra-Beamte, sogenannte Air Marshals, in Zivil Flüge österreichischer Fluglinien auf ihrem Weg in „gefährdete Destinationen“. Welche diese sind, dazu schweigt Scherz. Wer auf den arabischen Raum oder die Vereinigten Staaten tippt, liegt aber wohl nicht ganz falsch. Um die 1000 Einsätze absolvieren die Spezialisten jährlich. Bei einem Flug im Jahr 1996 konnte die Entführung einer Aeroflot-Maschine von Cobra-Air-Marshals verhindert werden. Die Beamten überwältigten den Entführer, der mit einer Stichwaffe gedroht hatte, noch während des Flugs.
Kommt es tatsächlich zu einer Entführung, wie in Zypern, tritt ein eingeübter Plan in Kraft. Scherz: „Es geht zunächst darum, den Flughafen abzusichern, die Sicherheit am Boden herzustellen, Rettungsdienste und Feuerwehren zu aktivieren. Dann wird mit den Entführern Kontakt aufgenommen. Und im besten Fall lässt sich die Entführung durch Verhandlungen beenden.“
Ist dies nicht möglich, wird das Flugzeug gestürmt. Die genaue Vor- gehensweise bleibt aus polizeitaktischen Gründen geheim, geübt wird sie regelmäßig. Einerseits verfügt die Cobra dafür in ihrem Hauptquartier in Wiener Neustadt über Teile eines alten Flugzeugs, andererseits gibt es ein Mal im Jahr mit dem Flughafen Wien-Schwechat gemeinsam einen Test unter realen Bedingungen. Die Methoden zur Erstürmung müssen dabei nicht nur die Air Marshals, sondern alle rund 400 Cobra-Beamten beherrschen.
Doch bevor es so weit kommt, muss laut Scherz vieles zusammenspielen. „Eine Person muss die schwierige Entscheidung für diesen Schritt treffen, die Verantwortung übernehmen. Hinzu kommen internationale Komponenten. Wenn die Passagiere, die zu Geiseln wurden, aus verschiedenen Ländern kommen, dann gibt es auch Vorgaben der Ländervertreter“, erzählt der Air-Marshal-Chef.
Das Know-how der rot-weiß-roten Air Marshals ist übrigens auch auf internationaler Ebene gefragt. Besonders nach den Anschlägen auf das World Trade Center vom 11. September 2001 fragten Polizeieinheiten aus aller Welt beim österreichischen Innenministerium an. „Auch nach dem Absturz der Germanwings-Maschine durch einen Co-Piloten in den französischen Alpen hatten wir viele internationale Anfragen“, sagt Scherz. Die bestehenden Air-Marshal-Einheiten wie etwa jene von Frankreich, Holland, Deutschland oder Kanada sind ohnedies ständig in Kontakt zum Austausch von Informationen.