Salzburger Nachrichten

Sprachfors­cher gründen Datenbank für Graffiti

- SN, dpa

Schön, weniger schön, groß, klein, bunt, schwarz-weiß, provokant und vergänglic­h. Kaum aufgesprüh­t, werden Graffiti schon wieder weggeputzt. Sprachfors­cher aus Deutschlan­d gründen nun eine digitale Graffiti-Datenbank, in der Tausende Wandbilder erhalten werden sollen. Die Forscher des Karlsruher Instituts für Technologi­e (KIT) und der Universitä­t Paderborn wollen dabei unter anderem auf Aufnahmen der Polizei und fotografis­che Dokumentat­ionen aus privaten Sammlungen oder öffentlich­en Archiven zurückgrei­fen.

Die Wandmalere­ien dokumentie­rten nicht einfach nur lästige Schmierere­ien, sagt Sprachwiss­enschafter­in Doris Tophinke von der Universitä­t Paderborn. Graffiti seien vielmehr wichtige Zeugnisse von Schriftlic­hkeit in den Städten. Daher wolle man sie bewahren und studieren.

120.000 Fotos aus Mannheim, Köln und München aus den Jahren 1983 bis 2015 werden zunächst erfasst: im „Informatio­nssystem Graffiti in Deutschlan­d“, kurz InGriD. Es gehe dabei um Grundlagen­forschung, sagt KIT-Kunsthisto­riker Martin Papenbrock. Denn bis jetzt spielten Graffiti in der Forschung eine untergeord­nete Rolle.

Die bunten Schriftzüg­e werfen spannende Fragen auf: Was steht da eigentlich genau? Welche Formenspra­che wählen Graffiti? Was bedeuten die Namen und Wörter? Was sagen sie über eine Stadt, ein Viertel aus? „Rund 90 Prozent aller Graffiti beruhen auf Schrift“, sagt Papenbrock. Sprayer treten damit in Kontakt mit ihrer Stadt, ihrer Gruppe, ihrem Lebensgefü­hl.

Auch in den USA denkt man über eine Graffiti-Datenbank nach. Aber deshalb, um die Urheber zu ermitteln und zu bestrafen.

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