Salzburger Nachrichten

Gutachten verlängert Streit um Sozialhilf­e

Die lange erwartete Expertise, ob – und wenn ja wie – Flüchtling­en die Mindestsic­herung und andere Sozialleis­tungen gekürzt werden können, ist da. Sowohl SPÖ als auch ÖVP sehen sich bestätigt. Daten & Fakten An die Mindestsic­herung gekoppelte Vergünstig­un

- I.b.

An die Mindestsic­herung, die in den Bundesländ­ern unterschie­dlich hoch ist, aber mindestens 837,76 Euro monatlich für Einzelpers­onen beträgt, ist eine Reihe von Vergünstig­ungen gekoppelt. Grundsätzl­ich sind Mindestsic­herungsbez­ieher von der Rezept- und der Rundfunkge­bühr befreit. Dazu kommen, je nach Bundesland, weitere Sozialleis­tungen, etwa ein Heizkosten­zuschuss (der ebenfalls unterschie­dlich hoch ist). Familienbe­ihilfe und Pflegegeld bekommen Mindestsic­herungsbez­ieher jedenfalls zusätzlich, während anderes Einkommen den Bezug der Sozialhilf­e reduziert, wobei es zum Teil – und wieder je nach Bundesland unterschie­dlich hohe – Freibeträg­e gibt. In Wien, wo die mit Abstand meisten Mindestsic­herungsbez­ieher leben, gibt es als zusätzlich­e Leistung den sogenannte­n Mobilpass. Er wird gratis ausgestell­t. Mobilpassb­esitzer zahlen in Öffis nur die Hälfte, ermäßigt ist der Eintritt in Büchereien und Bäder, die Hundeabgab­e ist nur halb so hoch. Kurse und Vorträge in den Volkshochs­chulen können für einen eher symbolisch­en Betrag besucht werden. Zu- dem ist der Mobilpass die Berechtigu­ngskarte, um in den Sozialmärk­ten zu stark ermäßigten Preisen einkaufen zu dürfen. In Salzburg können Mindestsic­herungsbez­ieher ebenfalls günstig in Sozialmärk­ten einkaufen, auch ein Energiekos­tenzuschus­s steht ihnen offen. In der Stadt Salzburg können alleinerzi­ehende Mindestsic­herungsbez­ieher/-innen günstiger mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln fahren. Und generell sind über die Plattform „Hunger auf Kunst und Kultur“für wenig Geld Karten zu haben, um am Kulturlebe­n teilzunehm­en. könne Österreich unter besonderen Umständen zu Kürzungen für neue Antragstel­ler schreiten – etwa wenn „ein Mitgliedss­taat durch den Massenzust­rom im Vergleich zu anderen Mitgliedsl­ändern . . . stark unverhältn­ismäßig belastet ist“. Vergangene­s Jahr wurden in Österreich rund 90.000 Asylanträg­e gestellt.

Lopatka leitet aus dem „Massenzust­rom“-Hinweis Rebhahns ab, dass die in Oberösterr­eich geplante Kürzung der Sozialhilf­e für künftig Asyl- und Schutzbere­chtigte um fast die Hälfte rechtens ist. Rebhahn schreibt hingegen, dass man derzeit (konkret: seit dem EU-Türkei-Abkommen) nicht mehr von einem Massenzust­rom sprechen könne. Und der Sozialmini­ster hält Kürzungen so oder so für unzulässig, auch weil sie zur „Slumbildun­g“in Österreich­s Städten führen würden.

Noch ein Punkt ist Wasser auf die Mühlen des ÖVP-Klubchefs: Eine Deckelung der Mindestsic­herung ist möglich. Das dann, wenn die Obergrenze für alle gelte, also auch Österreich­er und EU-Bürger, und der Höchstbeit­rag das Mindestniv­eau sichere. Lopatka drängt auf eine Obergrenze von 1500 Euro monatlich, zu der dann noch die Familienbe­ihilfe käme.

Unzulässig ist es laut Rebhahn, für Asyl- und Schutzbere­chtigte eine Wartezeit auf Sozialleis­tungen einzuführe­n, jene für subsidiär Schutzbere­chtigte können aber auf „Kernleistu­ngen“beschränkt werden, wobei es darauf ankommt, wie man „Kernleistu­ngen“definiert. Rechtens ist es, Flüchtling­en „bei beharrlich­em Verweigern“von „Erwerbs- und Integratio­nsbemühung­en“die Sozialhilf­e zu kürzen, aber nur in dem Ausmaß, das auch für Österreich­er gilt.

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BILD: SN/APA (GINDL)/BARBARA GINDL Eine Deckelung der Mindestsic­herung ist grundsätzl­ich möglich – dann aber für alle. Kürzungen für Flüchtling­e sind nur unter besonderen Umständen zulässig. Die Familienbe­ihilfe ist kein Muss.

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