Drei Mal so viele Polizei-Einsätze gegen Dealer
Warum die Situation bei U-Bahn-Stationen entlang der U6 derzeit außer Kontrolle ist.
WIEN. Bürgerversammlung, Bezirksamt Josefstadt: Oberst Werner Matjazic ist nicht zu beneiden. Vor rund 100 aufgebrachten Anrainern muss er eingestehen, dass die Wiener Polizei gegen den massiven Anstieg des Drogenhandels entlang der U-Bahn-Linie U6 im Grunde nichts tun kann. Besonders schlimm ist die Situation bei den Stationen Josefstädter Straße und Thaliastraße. Bewohner haben Angst, Geschäftsleute sind verär- gert und eine Volksschule im Grätzel beklagt einen drastischen Rückgang bei den Anmeldungen. Bereits auf den Bahnsteigen müsse man sich durch ein Spalier von Asylbewerbern aus Afrika kämpfen, die völlig ungeniert und ungestört ihren Geschäften nachgingen, klagen die Josefstädter. Eine Frau spricht von „Blaulicht im Zehnminutentakt“, ihr Sitznachbar von einem „unwürdigen Schauspiel“.
Matjazic hat kaum Gegenargumente. Daher spielt er mit offenen Karten: „Wenn wir mit einer Streife hinkommen, werden wir sofort abgeschmiert.“Im Klartext: Die Dealer sehen das Polizeiauto, verstecken sich und warten, bis der Spuk vorbei ist. Kommt es doch zu einer Festnahme, gleicht das, was danach kommt, einer Farce. „99,9 Prozent geben an, 17 Jahre alt zu sein. Und Minderjährige dürfen nicht in UHaft. Die gehen nach zwei Stunden wieder bei uns raus und sagen: See you tomorrow (Wir sehen uns morgen, Anm.). Sie wissen, dass ihnen nichts passiert.“Die Amtshandlungen bei diesen beiden U-Bahn-Sta- tionen hätten sich, so Matjazic, im ersten Quartal 2016 zum Vergleichszeitraum des Vorjahres verdreifacht. „Aber wenn die Justiz nicht mitspielt, stoßen wir bald an unsere Grenzen.“
Große Hoffnung setzt die Wiener Polizei in eine Gesetzesnovelle, die noch vor dem Sommer in Kraft treten könnte. Dann steigt das Strafausmaß für Dealen unter freiem Himmel von einem auf zwei Jahre. Matjazic: „Dann können wir auch Minderjährige in U-Haft nehmen.“