Mörder, Mitläufer, Menschenretter
Die einen vollstreckten Hitlers Mordprogramm. Andere retteten Leben. Wie sich Salzburger im Nationalsozialismus verhielten.
Der Name Josef Janisch wird nur wenigen ein Begriff sein. Dabei hatte der Salzburger eine wichtige Funktion im Mordprogramm der Nationalsozialisten. Janisch war als Bauleiter an der Errichtung der Gaskammern und Krematorien im Vernichtungslager AuschwitzBirkenau führend beteiligt.
Ein anderer Salzburger, der Hitlers Rassenpolitik vollstreckte, war der SS-Mann Hermann Höfle. Er organisierte in Polen die Räumung der Ghettos und Transporte in die Vernichtungslager und war damit für die Ermordung von mehr als zwei Millionen Menschen mitverantwortlich.
Johann Pscheidt dagegen könnte man als einen Salzburger „Oskar Schindler“sehen. Der in Rumänien geborene Sohn von Bukowinadeutschen, der nach dem Krieg in Salzburg lebte, hatte unzählige Menschen vor dem sicheren Tod bewahrt. Als Treuhänder „arisierter“Betriebe in Polen ließ er ab 1941 Ausweise und Stempel fälschen, stellte Arbeiterinnen und Arbeiter mit gefälschten Papieren ein und rettete auf diese Weise mehr als 80 jüdische Frauen und Männer vor der Deportation und Ermordung in Konzentrations- oder Vernichtungslagern.
In den Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft gab es eben beides: hier die Täter, dort die Gegner und Helfer. Wer auf welcher Seite stand – das kann man in einem soeben erschienenen Buch des Historikers Johannes Hofinger über die Jahre der NS-Diktatur in Salzburg nachlesen. In kurzen biografischen Abrissen zeichnet Hofinger die Lebenswege von 41 Salzburgerinnen und Salzburgern nach.
Der Name Maria Cebotari wird Stadt-Salzburgern ein Begriff sein – schon allein wegen der nach ihr benannten Straße in Parsch. Cebotari war eine Opernsängerin, die vom Nationalsozialismus profitierte, auch wenn sie nicht der NSDAP beitrat. Gleich nach der Machtergreifung Hitlers 1933 zog sie nach Deutschland und wurde zu einer der bestbezahlten Darstellerinnen in der NS-Filmindustrie sowie ein Aushängeschild der NS-Kulturpolitik. Nach dem Krieg konnte sie ihre Karriere nahtlos bei den Salzburger Festspielen fortsetzen.
Ein Profiteur war auch Cesar Bresgen, der Lieder für SA und SS schrieb und als Hetzredner gegen „entartete Musik“auftrat. Auch er konnte seine Karriere nach 1945 fortsetzen – als Professor am Mozarteum, ausgezeichnet mit dem Großen Österreichischen Staatspreis. „Über seine Funktionen im NS-Kulturbetrieb und in der HJ, die er selbst Zeit seines Lebens nie kritisch zum Thema machte, wird bis heute mitunter lebhaft gestritten“, schreibt Hofinger.
„Opfer, Täter, Gegner“lautet der Untertitel seines Buches. Jedoch: Nicht alle Zeitgenossen lassen sich so einfach zuordnen. Manche wechselten im Lauf der Zeit die Kategorie – wurden etwa vom Täter zum Opfer. Ludwig Bechinie-Lazan beispielsweise war in den Jahren des autoritären Ständestaats als Sicherheitsdirektor in Salzburg gefürchtet, da er mit politischen Gegnern hart ins Gericht ging. Die Nationalsozialisten steckten ihn später in das KZ Dachau. Im KZ Buchenwald musste Bechinie-Lazan unter der Aufsicht eines anderen Salzburgers, des sadistischen SSMannes Karl Dumböck, Steine schleppen, bis er zusammenbrach. Bechinie-Lazan wurde 1941 in einer Tötungsanstalt nahe Dresden vergast.
Hofingers Buch, das in der Reihe „erinnern.at“erschienen ist, fasst den aktuellen Stand der Wissenschaft zusammen. Der zeitliche Bogen spannt sich von den Folgen des Ersten Weltkriegs bis zu den Nachwirkungen der NS-Herrschaft nach 1945.
Was den Nationalsozialismus so attraktiv für viele machte, kommt in den Worten eines Lastwagenfahrers zum Ausdruck, der in den 1930er-Jahren, wie viele andere auch, neidvoll nach Deutschland blickte: „Wir haben gesehen, dass unsere ganzen Spezln Arbeit gehabt haben draußen in Bayern . . . Ich hab mir
„Über Cesar Bresgen wird bis heute mitunter lebhaft gestritten.“