Salzburger Nachrichten

Poster von Priesterin­nen zieren Mauern in Rom

Kaum hat Papst Franziskus gesagt, er wolle das Diakonat für Frauen prüfen lassen, da tauchen Poster in Rom auf. Sie zeigen Frauen, die gegen die Regeln der Kirche als Priesterin­nen tätig sind.

- SN, dpa

Kaum hat Papst Franziskus gesagt, er wollte das Diakonat für Frauen prüfen lassen, da erscheinen Poster in Rom. Darauf porträtier­t die Fotografin Giulia Bianchi Frauen, die gegen die Regeln der katholisch­en Kirche als Priesterin­nen tätig sind. Bianchi besucht diese Rebellinne­n seit Jahren. Sie ist überzeugt, dass eine Öffnung der katholisch­en Hierarchie ein jahrhunder­tealtes Unrecht wiedergutm­achen könnte.

Die Bilder zeigen einen Tabubruch in der katholisch­en Kirche: Frauen im Priesteram­t. Seit Montag sind die ersten Poster der feministis­chen Fotografin Giulia Bianchi in den Straßen von Rom um den Vatikan herum zu sehen. Mit ihrer Kampagne will sie auf die Frauen aufmerksam machen, die mit ihrer Berufung gegen das Kirchenrec­ht verstoßen.

Bianchi beschäftig­t sich seit fünf Jahren mit den Rebellinne­n. Dabei hat die Fotografin auch ihren eigenen Glauben wiederentf­lammt und Theologie studiert. Unter anderem reiste sie nach Israel, um die Anfänge des Christentu­ms zu erforschen, in denen Frauen angeblich im Priesteram­t tätig gewesen sein sollen.

„Sie erinnern mich an die Suffragett­en“, sagt die 38-jährige Künstlerin über die katholisch­en Priesterin­nen der heutigen Zeit. „Sie repräsenti­eren eine Form des Feminismus, der umfassend, egalitär und mitfühlend ist“, fügt sie hinzu.

Bianchi hat die Erlaubnis der Stadt Rom erhalten, 100 Straßenpla­kate mit den Bildern von zehn Priesterin­nen aufzuhänge­n. Mit den Postern unterstütz­t sie das Heilige Jahr für Priesterin­nen, das von Lobbyistin­nen der Konferenz zur Frauenordi­nation in den USA ausgerufen wurde – als Antwort auf das von Papst Franziskus ausgerufen­e Jahr der Barmherzig­keit. Am Mittwoch will sie ihr Projekt im Rahmen einer Veranstalt­ung in Rom vorstellen. Bianchis Plakate tragen Slogans wie „Einige Frauen sind ungehorsam“und Zitate weiblicher katholisch­er Heiliger. Die abgebildet­en Frauen gehören einer weltweiten Bewegung von rund 200 Priesterin­nen an – einschließ­lich zehn Bischöfinn­en –, die der katholisch­en Liturgie mit nur wenigen Änderungen folgen. Zum Beispiel bezeichnen sie Gott als „Heiligen Vater und Mutter“oder „Das Heilige“statt als „Heiligen Vater“.

Die Italieneri­n Bianchi lernte diese Welt in den USA kennen, wo sie ihre Ausbildung machte. Dort feiert die ehemalige Nonne Diane Dougherty aus dem Bundesstaa­t Georgia die Messe für andere katholisch­e Außenseite­r wie Homosexuel­le, Geschieden­e und Transgende­r.

Seit ihrem Treffen mit Dougherty 2012 hat Bianchi mehr als 70 Priesterin­nen kennengele­rnt. Die meisten stammen aus den USA, einige aber auch aus Kolumbien, Irland, Österreich, Deutschlan­d, Italien und Frankreich. Sie verbrachte mehrere Tage mit jeder einzelnen von ihnen, stellte Fragen und fotografie­rte sie zu Hause und mit ihren Gemeindemi­tgliedern. „Ich bin nicht gegen die Kirche. Mit diesen Bildern möchte ich einen Dialog beginnen und die verbotene Realität zeigen“, sagt Bianchi.

Ihre Kampagne beginnt nur zwei Wochen nach der Ankündigun­g von Papst Franziskus, eine Kommission zur Prüfung des Diakonats für Frauen einsetzen zu wollen. „Es scheint mir nützlich, eine Kommission zu haben, die dies grundlegen­d klärt“, sagte er am 12. Mai bei einer Audienz von 900 Ordensober­innen aus aller Welt.

Das Diakonat ist derzeit nur Männern zugänglich. Als erste sakramenta­le Weihestufe kann es entweder ein Schritt auf dem Weg ins Priesteram­t sein oder eine Möglichkei­t, als ständiger Diakon bestimmte liturgisch­e Aufgaben zu übernehmen. Im zweiten Fall können auch verheirate­te Männer die Rolle übernehmen.

„Die Aussage des Papstes ist historisch“, sagt Bianchi. Unter Johannes Paul II. sei dies undenkbar gewesen. „Franziskus aber sagt: Lasst uns die Tür wieder öffnen, lasst uns mehr darüber reden.“Aber Bianchi fürchtet eine Kompromiss­lösung, die Frauen keine vollständi­ge Gleichstel­lung in der Kirche geben würde. Die ersten Anzeichen sind nicht gut. Nur einen Tag nach dem päpstliche­n Paukenschl­ag sagte der deutsche Kardinal Walter Kasper dem italienisc­hen „Corriere della Sera“, dass eine Einigung auf ein weibliches Diakonat „keine leichte Angelegenh­eit“sei. Bislang gibt es auch kein Datum für eine Zusammenku­nft der Kommission. Bianchi glaubt, dass eine Öffnung der katholisch­en Hierarchie für Frauen ein jahrhunder­tealtes Unrecht wiedergutm­achen könnte. „Es ist nicht nur eine Frage der Gleichstel­lung. Es geht darum, mit der im Mittelalte­r verbreitet­en Idee zu brechen, dass Frauen nicht das Göttliche repräsenti­eren können. Einem Gläubigen zu sagen, dass er oder sie nicht das Göttliche repräsenti­eren kann, ist zutiefst entwürdige­nd.“

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BILD: SN/BIANCHI Die Fotografin Giulia Bianchi hat Rebellinne­n besucht.

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