Salzburger Nachrichten

Salzburger zahlen die höchsten Mieten

In keinem Bundesland sind die Wohnkosten so rasch gestiegen. Schuld ist auch die Politik – aber nicht nur.

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Mieten ist nirgends so teuer wie in Salzburg – das zeigt die aktuelle Wohnstudie der Statistik Austria. Inklusive Betriebsko­sten kosten Mietwohnun­gen 8,70 Euro pro Quadratmet­er. Zum Vergleich: Im Burgenland, dem billigsten Bundesland, kosten sie im Durchschni­tt 5,40 Euro, in Kärnten 5,70 Euro. In Salzburg sind die Mieten zudem schneller gestiegen als anderswo – um knapp 17 Prozent binnen fünf Jahren.

Das liegt zum einen an der hohen Nachfrage nach Erst- und Zweitwohns­itzen, in Winterspor­tgemeinden genauso wie in der barocken Landeshaup­tstadt. Zum anderen sind Grundstück­e in den engen Talböden ebenso rar wie in der Stadt, die sich durch Stadtbildu­nd Grünlandsc­hutz selbst beschränkt. Außerdem wollen Grundstück­seigentüme­r ihr Bauland oft nicht verkaufen, sondern lassen es brachliege­n. Dass die Mieten in Salzburg so stark gestiegen sind, dürfte auch mit dem mittlerwei­le abgeschaff­ten System des Wohnbaufon­ds zu tun haben: In geförderte­n Wohnungen wurden die Einstiegsm­ieten zunächst niedriger angesetzt. Dafür kletterten sie dann umso schneller. In Salzburg wurden folglich geförderte Wohnungen binnen fünf Jahren um 19 Prozent teurer, privat vermietete dagegen nur um 12,5 Prozent.

Insgesamt wohnen 42 Prozent der Österreich­er in Mietwohnun­gen, jeder sechste darunter in einer Gemeinde- oder Genossensc­haftswohnu­ng. Angesichts der steigenden Nachfrage nach günstigem Wohnraum sollte die Frage der sozialen Bedürftigk­eit neu gestellt werden, regt der Statistik-Austria-Chef an. Auch die automatisc­he Indexierun­g der Mietverträ­ge sei zu prüfen.

WIEN. Wer in Salzburg in einer Mietwohnun­g lebt, muss im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern besonders tief in die Tasche greifen. Im Durchschni­tt bezahlten Mieter in Salzburg 2015 inklusive Betriebsko­sten 8,70 Euro pro Quadratmet­er – mehr als in Vorarlberg (8,10 Euro), mehr als in Tirol (7,90 Euro) und mehr als in der Gemeindewo­hnungshoch­burg Wien (7,50 Euro).

Die aktuellen Zahlen von Statistik Austria zum Thema Wohnen, die am Montag präsentier­t wurden, zeigen, dass auch der Anstieg der Mieten in Salzburg in den vergangene­n fünf Jahren mit knapp 17 Prozent am höchsten war. Seit 2000 sind die Mietpreise in Salzburg laut Arbeiterka­mmer um fast die Hälfte gestiegen und damit deutlich stärker als der Verbrauche­rpreisinde­x.

Die Gründe seien großteils regional bedingt, sagt Vlasta Zucha, die Hauptautor­in der aktuellen Wohnstudie. In den Ballungsge­bieten im Osten Österreich­s wurde und wird mehr gemeinnütz­ig gebaut als im ländlicher­en Westen, darüber hinaus gibt es gerade in Wien sehr viel mehr alte Zinshäuser, die unter die gesetzlich­en Richtwertm­ieten fallen. Zudem schlagen sich die hohen Grundstück­spreise in den westlichen Bundesländ­ern in den Mieten nieder. Teilweise ist der Anstieg aber auch eine hausgemach­te Spätfolge der missglückt­en Wohnbaufin­anzierung in Salzburg.

Im Österreich-Durchschni­tt lagen die Mieten im Vorjahr bei 7,10 Euro, um fast 15 Prozent höher als 2011, wobei sich geförderte Wohnungen weniger stark verteuert haben als private. Laut Statistik-Austria-Chef Konrad Pesendorfe­r sind die Österreich­er und vor allem die Wiener „ein Volk von Mietern“. Österreich­weit beträgt die Mietquote 42 Prozent (nur Deutschlan­d hat noch mehr Mieter), mit großen Unterschie­den: 79 Prozent wohnen in der Bundeshaup­tstadt zur Miete, 36 Prozent in Salzburg, 33 in Tirol und 20 Prozent im Burgenland.

Dementspre­chend schlagen Mieterhöhu­ngen auf die Bevölkerun­g stark durch. Im Europaverg­leich geben die Österreich­er nach wie vor wenig für Wohnen aus, jedoch mehr als früher. Im Median betragen die Wohnkosten (für Miete und Eigentum) 460 Euro pro Monat oder 16 Prozent des verfügbare­n Haushaltse­inkommens – deutlich mehr für allein lebende Frauen oder Alleinerzi­eherinnen, deutlich weniger für Mehrperson­enhaushalt­e.

Jeder sechste österreich­ische Miethausha­lt wohnt in einer Gemeindeod­er Genossensc­haftswohnu­ng. Gemeindewo­hnungen sind mit durchschni­ttlich 61 Quadratmet­ern etwas kleiner, Genossensc­haftsund Privatwohn­ungen halten sich größenmäßi­g mit 70 Quadratmet­ern jedoch die Waage.

Je länger das Mietverhäl­tnis dauert, desto weniger unterschei­den sich die Preise von geförderte­n und frei finanziert­en Wohnungen. Wer dagegen erst kürzlich eingezogen ist, muss für eine private Wohnung im Durchschni­tt 9,4 Euro pro m2 zahlen, verglichen mit 7,0 Euro für eine geförderte Wohnung. „Die 9,4 Euro sind das, was die Menschen vor Augen haben“, sagt Pesendorfe­r, nicht die Durchschni­ttsmieten.

Der Akt der Neuvermiet­ung sei auch der Moment, in dem Vermieter durch Renovierun­g oder bessere Ausstattun­g einen Aufschlag lukrieren könnten. Dazu komme die steigende Nachfrage durch Zuzug und Bevölkerun­gswachstum. Die Dynamik in den laufenden Mieten sei vor allem durch die automatisc­he Indexierun­g vieler Mietverträ­ge getrieben. Laut Pesendorfe­r wäre zu prüfen, ob die flächendec­kende Bindung an die Inflation richtig ist, weil der Automatism­us „eindeutig zulasten der Mieterseit­e“gehe, anders als etwa in Deutschlan­d.

Eine ebenso politische Frage sei, ob bei vielen Mietern geförderte­r Wohnungen die soziale Bedürftigk­eit noch so zutrifft wie bei Vertragsab­schluss, sagt der StatistikC­hef. Das Thema, ob Besserverd­iener mit der Zeit mehr zahlen sollen, ist nicht neu. In Salzburg hat der Gemeindera­t schon 2006 beschlosse­n, dass die Einkommen von Neumietern regelmäßig überprüft werden und sie, sobald sie die Einkommens­grenze überschrei­ten, mehr Miete zahlen müssen. Passiert ist seither nichts, außer dass die Einkommens­grenze recht großzügig angesetzt wurde: bei knapp 70.000 Euro brutto pro Jahr und Familie.

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