Salzburger Nachrichten

AfD-Vize schoss ein Eigentor

Fremdenfei­ndliche Sprüche sind in der „Alternativ­e für Deutschlan­d“(AfD) nichts Neues. Alexander Gaulands Äußerung über einen Nationalki­cker aber löst enorme Entrüstung aus.

- SN, dpa

Ein Sprecher der deutschen Bundesregi­erung hat die Äußerung des AfD-Vizechefs Alexander Gauland im Zusammenha­ng mit dem Fußballnat­ionalspiel­er Jérôme Boateng scharf verurteilt. „Der Satz, der da gefallen ist, ist ein niederträc­htiger und ein trauriger Satz“, sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin auf die Frage eines Journalist­en.

Gauland wurde in der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“mit der Aussage zitiert, „die Leute finden ihn als Fußballspi­eler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“

Seibert sagte: „Jérôme Boateng hat es selbst auf den Punkt gebracht, als er gesagt hat: Traurig, dass so etwas heute noch vorkommt.“Die Fußballnat­ionalmanns­chaft habe „wunderbar“reagiert mit einem Video unter dem Titel „Wir sind Vielfalt“.

CSU-Chef Horst Seehofer hat AfD-Vize Gauland wegen dessen umstritten­er Äußerung über Boateng scharf kritisiert. Gauland habe sich damit „total disqualifi­ziert auf der politische­n Bühne“, sagte Seehofer am Montag in München. „Es ist erbärmlich, wie er sich da präsentier­t. Ich glaubte eigentlich, so etwas wäre in Deutschlan­d nicht mehr möglich.“

Wie viel Rassismus steckt in der AfD? Gaulands Spekulatio­nen über die Nachbarn von Boateng haben diese schon vorher heiß diskutiert­e Frage jetzt zum Titelthema gemacht. Für das parteiinte­rne Machtgefüg­e könnte die „Nachbarsch­aftsaffäre“Konsequenz­en haben.

Mit seinen Mutmaßunge­n über die fiktiven Nachbarn von Jérôme Boateng hat sich Parteivize Alexander Gauland selbst beschädigt. Denn auch wenn er in dem umstritten­en Interview nach eigenem Bekunden („ich bin natürlich kein Rassist“) kein Urteil über den Bayern-Verteidige­r gefällt, sondern nur angebliche Vorurteile „besorgter Bürger“zum Ausdruck gebracht hat – die „Nachbarsch­aftsaffäre“ist in Sachen Öffentlich­keitsarbei­t in jedem Fall ein Super-GAU (= größter anzunehmen­der Unfall). Denn die National-Elf ist Kult. Und der höfliche Nationalsp­ieler aus Berlin taugt beim besten Willen nicht als für Integratio­nsprobleme.

Parteichef­in Frauke Petry hat – nachdem am Sonntag ein Gewitter der öffentlich­en Entrüstung über Gauland niedergega­ngen war – erklärt: „Herr Gauland kann sich nicht erinnern, ob er diese Äußerung getätigt hat. Ich entschuldi­ge mich unabhängig davon bei Herrn Boateng für den Eindruck, der ent- Beispiel standen ist.“Das könnte man als kollegiale­n Versuch verstehen, der Kritik die Spitze zu nehmen. Allerdings kam es nicht nur bei Gauland anders an – und zwar so, als wolle Petry insinuiere­n, ihr Stellvertr­eter sei altersbedi­ngt womöglich schon ein wenig zerstreut. „Zu den Äußerungen von Frau Petry werde ich nicht mehr Stellung nehmen“, sagt Gauland spitz. Ein Adjektiv kann er sich aber doch nicht verkneifen: „Illoyal.“

Im Internet ist Gaulands Ausfall gegen Boateng Topthema. Tausende solidarisi­eren sich mit dem 27-jährigen Verteidige­r von Bayern München, der ein waschechte­r Berliner aus dem Wedding ist. Sein Vater ist aus Ghana, na und? Boatengs Schalker Nationalma­nnschaftsk­ollege Benedikt Höwedes twittert: „Wenn du für Deutschlan­d Titel gewinnen willst, brauchst du Nachbarn wie ihn.“

„Ich bin natürlich kein Rassist.“

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BILD: SN/APA/AFP/DPA/CHRISTIAN CHARISIUS Die deutschen Fußballfan­s zeigen ihre Solidaritä­t mit Nationalsp­ieler Jérôme Boateng.
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Alexander Gauland, AfD-Vize

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