Piraten setzen Musikindustrie noch kräftig zu
In der Liederflut aus dem Netz schienen sie längst unterzugehen: Doch eine EU-Studie ortet Millionenschäden durch Musikpiraten.
SALZBURG. Des einen Leid, des anderen Freud: Im Geschäft mit Musik hat die Digitalisierung in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer die Wogen zwischen immer wieder anderen Gegnern hochgehen lassen. Erst sorgten einfach vervielfältigbare MP3-Dateien und Tauschbörsen im Internet für eine Schwemme an illegal kopierter Musik und für Konflikte zwischen Urhebern und Fans. Sobald sich legale Downloadbörsen etabliert hatten, bekamen sie auch schon wieder Konkurrenz von Streamingdiensten. Sie lösten andere Debatten aus, weil sie die Musikurheber nur mit Minimalbeträgen pro aufgerufenem Song entlohnen. Gegen die Musikpiraterie aber schienen sie ein taugliches Mittel zu sein. Wer gegen eine Abogebühr oder gegen das Akzeptieren von Werbeclips alle Songs der Welt zur Verfügung hat, muss sich schließlich nichts mehr illegal herunterladen. Oder?
Eine Studie, die nun das Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum vorlegte, legt etwas anderes nahe. Den Schaden, den die Musikindustrie innerhalb der EU durch Piraten erleidet, beziffert sie mit 336 Millionen Euro. Für die Studie wurden die Marktdaten des Jahres 2014 untersucht. In der Gesamtsumme, erläutern die Autoren, seien direkte wie auch indirekte Folgen von Piraterie auf die Branche eingerechnet. 170 Millionen Euro seien als Schaden direkt auf das Konsumieren von Musik aus illegalen Quellen zurückzuführen. Dazu zählen Tonträger ebenso wie illegale Downloads. 5,2 Prozent ihrer Jahresumsätze gingen der Musikbranche so verloren. Am höchsten sei der Schaden in Spanien (8,2 Prozent), heißt es in dem Bericht. Österreich liegt mit 4,2 Prozent unter dem EU-Schnitt an viertletzter Stelle.
Zum Thema Musikpiraterie gibt es freilich viele Studien mit Ergebnissen, die einander teils widersprechen. Manche kommen sogar zum Schluss, dass illegal im Netz kursierende Inhalte letztlich auch den legalen Konsum ankurbeln. Das EU-Büro verweist aber darauf, dass „von 25 Studien 22 zu dem Schluss kommen, dass Piraterie die Einnahmen der legalen Industrie verringert“. Das Analyseunternehmen Muso sieht in seinem Jahresbericht für 2015 indes vor allem die Piraterie via Smartphone auf dem Vormarsch. Insgesamt sei weltweit ein leichter Rückgang der Piraterie zu verzeichnen. Ob das Phänomen doch noch in der Flut legaler Angebote untergehen könnte, wird diese Woche bei der Musikmesse Midem in Cannes Thema sein. Dort stellt Muso seinen Pirateriebericht zur Debatte.
„22 von 25 Studien sagen, dass Piraterie die Musikindustrie schädigt.“