Salzburger Nachrichten

Streitkult­ur und politische Bildung

Allzu viel Harmonie schadet der demokratis­chen Entwicklun­g. Konflikte in der Politik sollen hart, aber fair ausgetrage­n werden.

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Die Demokratie ist die einzige Staatsform, die ohne politisch gebildete Bürger nur sehr begrenzt funktionie­ren kann. Deshalb muss politische Bildung zukünftig auch in der Schule einen deutlich höheren Stellenwer­t erhalten.

Dabei geht es nicht nur um das Wissen über die Strukturen und Funktionen der Politik in den Gemeinden, in den Ländern, im Bund und in dem leider weitgehend unbekannte­n politische­n Spiel der EU. Vielmehr sind auch praktische Erfahrunge­n mit der politische­n Beteiligun­g im überschaub­aren Lebensbere­ich der Schule von Bedeutung. Besonders wichtig ist die Erkenntnis, dass die streitbare Auseinande­rsetzung über unterschie­dliche Ziele ein unverzicht­barer Teil der demokratis­chen Politik ist. In der öffentlich­en und veröffentl­ichten Meinung wird häufig beklagt, dass in der Politik zu viel gestritten wird.

Richtig ist vielmehr, dass allzu viel Harmonie der demokratis­chen Entwicklun­g schadet. Denn in einer lebendigen Demokratie kann, darf, ja muss die Politik ausgiebig kritisiert werden; von den politische­n Parteien und Verbänden untereinan­der, von den Medien und von jedem einzelnen Bürger.

Der misstrauis­che Blick auf die Aussagen und Handlungen der gewählten Volksvertr­eter ist also nicht nur berechtigt, sondern sogar eine notwendige Vorausset- zung für Verbesseru­ngen. Diese Kritik an den Forderunge­n und Programmen von Parteien und Verbänden, an den konkreten Vorgängen im politische­n Alltag und an gelegentli­chen Fehlleistu­ngen einzelner Politiker darf jedoch nicht zu einer radikalen Kritik an der Politik im Allgemeine­n führen; vor allem, wenn sich hinter dieser Kritik die heimliche Sehnsucht nach der Demontage der Demokratie versteckt.

Zukünftig wird Politik konfliktre­icher. Dafür braucht es eine hierzuland­e ungewohnte Streitkult­ur: hart, aber fair. WWW.REINHOLD-POPP.AT

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Reinhold Popp

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