Streitkultur und politische Bildung
Allzu viel Harmonie schadet der demokratischen Entwicklung. Konflikte in der Politik sollen hart, aber fair ausgetragen werden.
Die Demokratie ist die einzige Staatsform, die ohne politisch gebildete Bürger nur sehr begrenzt funktionieren kann. Deshalb muss politische Bildung zukünftig auch in der Schule einen deutlich höheren Stellenwert erhalten.
Dabei geht es nicht nur um das Wissen über die Strukturen und Funktionen der Politik in den Gemeinden, in den Ländern, im Bund und in dem leider weitgehend unbekannten politischen Spiel der EU. Vielmehr sind auch praktische Erfahrungen mit der politischen Beteiligung im überschaubaren Lebensbereich der Schule von Bedeutung. Besonders wichtig ist die Erkenntnis, dass die streitbare Auseinandersetzung über unterschiedliche Ziele ein unverzichtbarer Teil der demokratischen Politik ist. In der öffentlichen und veröffentlichten Meinung wird häufig beklagt, dass in der Politik zu viel gestritten wird.
Richtig ist vielmehr, dass allzu viel Harmonie der demokratischen Entwicklung schadet. Denn in einer lebendigen Demokratie kann, darf, ja muss die Politik ausgiebig kritisiert werden; von den politischen Parteien und Verbänden untereinander, von den Medien und von jedem einzelnen Bürger.
Der misstrauische Blick auf die Aussagen und Handlungen der gewählten Volksvertreter ist also nicht nur berechtigt, sondern sogar eine notwendige Vorausset- zung für Verbesserungen. Diese Kritik an den Forderungen und Programmen von Parteien und Verbänden, an den konkreten Vorgängen im politischen Alltag und an gelegentlichen Fehlleistungen einzelner Politiker darf jedoch nicht zu einer radikalen Kritik an der Politik im Allgemeinen führen; vor allem, wenn sich hinter dieser Kritik die heimliche Sehnsucht nach der Demontage der Demokratie versteckt.
Zukünftig wird Politik konfliktreicher. Dafür braucht es eine hierzulande ungewohnte Streitkultur: hart, aber fair. WWW.REINHOLD-POPP.AT