Salzburger Nachrichten

Ein Zeugnis für Musikgesch­ichte

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Mit der Ernennung von Christian Kern zum Bundeskanz­ler und Vorsitzend­en der SPÖ kommt nicht nur „frischer Wind“in die österreich­ische Bundesregi­erung und Politik, es eröffnet sich auch eine willkommen­e Gelegenhei­t, den umstritten­en Standort des Hauses der Geschichte (HdGÖ) in der Neuen Hofburg (Heldenplat­z) nochmals zu überdenken und stattdesse­n die Sammlung alter Musikinstr­umente (SAM) an ihrem jetzigen Aufstellun­gsort zu aktualisie­ren und auszubauen.

Sowohl aus kulturgesc­hichtliche­n als auch aus finanziell­en Gründen wäre eine solche Vorgehensw­eise ernsthafte­r Überlegung­en wert. Wie in den verschiede­nen Medien, Petitionen, Leitartike­ln und öffentlich­en Diskussion­en in den letzten 1 ½ Jahren mehrfach erörtert, porträtier­t die SAM über das Medium Musik, mittels der Geschichte des österreich­ischen Instrument­enbaus und damit verknüpfte­r Themen der österreich­ischen Geschichte, ein kulturgesc­hichtliche­s Panorama des Landes von der Antike bis in die Gegenwart. Durch ein zeitloses Ausstellun­gskonzept hat die SAM – selbst in ihrem derzeitige­n Zustand 23 Jahre nach der letzten Neuaufstel­lung – ihre internatio­nale Strahlkraf­t und wissenscha­ftliche Reputation als zentrale Informatio­nsquelle für Wissenscha­fter, Instrument­enbauer, Musiker und Musikliebh­aber nicht nur bewahrt, sondern weltweit ausgebaut. Unter Verwendung der eigenen Instrument­e bietet die SAM ein angesehene­s Podium für internatio­nal renommiert­e Künstler. Die Instandhal­tung einer so großen Anzahl von historisch bedeutende­n Musikinstr­umenten in konzertfäh­igem Zustand ist in der heutigen Welt rar geworden und stellt eine der herausrage­ndsten, wenn auch kaum beachteten Leistungen der Mitarbeite­r/-innen dar.

Nur wer diese Sammlung entweder nicht kennt oder keine Sympathie für ihre unschätzba­ren Objekte hegt, kann sich einer Anerkennun­g der in den Ausstellun­gsstücken realisiert­en beziehungs­reichen Konzepte verschließ­en. Man braucht sich nur vor Augen zu halten, welche relativ geringfügi­gen Investitio­nen notwendig wären, um die SAM am jetzigen Standort zu modernisie­ren und mit einem Minimum an Werbung zu einem Publikums- und Touristenm­agneten zu machen. Im Gegensatz dazu stehen die für die nächsten Jahre projektier­ten exorbitant­en Kosten für das HdGÖ, ganz zu schweigen von den damit verbundene­n noch nicht einmal budgetiert­en Beträgen für die Absiedlung und Neuaufstel­lung der drastisch verkleiner­ten SAM und den Umbau der Hofjagdund Rüstkammer. Anstatt ein bestehende­s Museum und seine Weltklasse-Sammlungen abzubauen, zwischenzu­lagern, zu disloziere­n und verkleiner­t wieder aufzubauen – warum wählt man für das Haus der Geschichte Österreich­s nicht einen Ort mit seiner eigenen berechtigt­en Identität? Das 1871 erbaute prächtige Palais Epstein, das geradezu „aufgeladen“ist mit österreich­ischer Zeitgeschi­chte, wäre dazu prädestini­ert. Kultur in allen ihren Facetten ist der Eckstein, auf den Österreich im Blick auf seine Geschichte zu Recht stolz sein kann. Musik als einer der wichtigste­n Aspekte der österreich­ischen Kultur – egal ob von Mozart oder von Conchita Wurst – berührt das Herz. Die einzigarti­ge Instrument­ensammlung in der Neuen Burg ist ein Zeugnis für Österreich­s große und reichhalti­ge Musikgesch­ichte – sie sollte zu ihrem 100. Bestandsju­biläum gebührend gefeiert, ausgebaut und nicht demoliert werden. Richard Fuller, George Hamilton Schreiben Sie uns!

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