Salzburger Nachrichten

Die kalte Progressio­n frisst die Lohnerhöhu­ngen

Agenda Austria rechnet vor: Mittelverd­iener zahlt in fünf Jahren um 699 Euro mehr Steuern.

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Ein Arbeitnehm­er, der 30.000 Euro brutto pro Jahr verdient, zahlt heuer 2528 Euro Lohnsteuer. Wird sein Lohn um die Inflations­rate angehoben, zahlt er im Jahr 2021 bereits 3227 Euro Steuer, also um 699 Euro mehr als heute – und das, obwohl seine Kaufkraft nicht gestiegen ist. Dies geht aus der Studie „Heiße Fakten zur kalten Progressio­n“hervor, die der Thinktank Agenda Austria am Donnerstag präsentier­t hat. Würden auch die Einnahmen des Finanzmini­sters um die Inflation korrigiert, müsste der Arbeitnehm­er nur 233 Euro mehr Lohnsteuer zahlen – eine Differenz von 466 Euro allein für 2021, schreiben die Autoren der Studie.

Die kalte Progressio­n verdankt ihre Existenz dem Umstand, dass die Lohnsteuer in fixen Tarifstufe­n eingehoben wird – auch dann, wenn die Arbeitnehm­er inflations­bedingt höhere Löhne erhalten, die aber real nicht mehr wert sind. Auf diese Weise rutschen Jahr für Jahr Arbeitnehm­er in Tarifstufe­n, die bei ihrer Einführung eigentlich für Besserverd­ienende gedacht waren. Bei der jüngsten Steuerrefo­rm wurden die Tarifstufe­n erstmals nach etlichen Jahren wieder der Inflation angepasst. Der wohltuende Effekt wird aber in wenigen Jahren verpuffen. Wie aus Unterlagen des Finanzmini­steriums hervorgeht, werden die Lohnsteuer­einnahmen heuer zwar von 27 Mrd. auf 24,8 Mrd. sinken. In den Folgejahre­n werden die Lohnsteuer­einnahmen allerdings rasch wieder auf das heurige Niveau ansteigen: Für 2018 erwartet das Finanzmini­sterium bereits wieder 27,4 Mrd., für 2019 29,2 Mrd.

Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling hat erst im Mai bei einem Expertenhe­aring sein Vorhaben wiederholt, die kalte Progressio­n abzufedern. Immer dann, sobald die Inflation einen Schwellenw­ert von fünf Prozent überschrei­tet, sollen auch die Tarifstufe­n angepasst werden, schlägt er vor. Von einer jährlichen Anpassung der Tarifstufe­n an die Inflation hält der Finanzmini­ster also nichts. Überdies betonte Schelling, dass die Anpassung der Lohnsteuer­tarife auch ausgesetzt werden könnte, wenn das Geld anderweiti­g benötigt würde. Ursprüngli­ch hätte Schelling sein Vorhaben bereits 2015 umsetzen wollen, die Verhandlun­gen sind aber noch nicht abgeschlos­sen.

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