Salzburger Nachrichten

Der Sultan und seine Diener

- HELMUT.MUELLER@SALZBURG.COM

Viele junge Leute mit türkischen Wurzeln sind längst angekommen in der deutschen Gesellscha­ft. Die Angehörige­n der zweiten und dritten Einwandere­rgeneratio­n sehen sich meist besser integriert als noch die erste „Gastarbeit­er“-Generation. Dennoch bleiben sie auf Distanz, weil sie sich von der Mehrheitsg­esellschaf­t nicht anerkannt fühlen. Vor allem aus Trotz betonen sie daher ihre religiös-kulturelle Herkunft. Dabei spielen für die jungen Deutschtür­ken die islamische­n Gebote im Alltagsleb­en eine weit weniger wichtige Rolle als noch für die Älteren.

Solche Aussagen zeigen, dass die deutsche Gesellscha­ft große Kraft zur Integratio­n hat; dass die Einbeziehu­ng neuer Bürger in die etablierte Gesellscha­ft gelingen kann. Doch man erkennt auch, wie viel Mühe dieser Prozess macht; wie leicht er trotz großer Anstrengun­gen auf beiden Seiten scheitern kann.

Dies vor allem auch deshalb, weil andere Faktoren das Zusammenwa­chsen zusätzlich erschweren. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan ist ein solches Hindernis, wenn er die Deutschtür­ken vor einer (gar nicht gebotenen) Assimilati­on warnt und damit die (dringend nötige) Integratio­n erschwert. Offenbar will der neue Sultan der Türkei auch in Deutschlan­d mitregiere­n.

Die deutsch-türkischen Verbände sind ein solches Hindernis, wenn sie die maßlosen Angriffe Ankaras auf türkischst­ämmige Abgeordnet­e nach der Armenien-Resolution des Bundestage­s nicht scharf zurückweis­en. Offenbar verstehen sich diese Funktionär­e als verlängert­er Arm Erdoğans in Deutschlan­d, aber nicht als Anwalt des in Deutschlan­d geltenden Rechts.

 ??  ?? Helmut L. Müller
Helmut L. Müller

Newspapers in German

Newspapers from Austria