Salzburger Nachrichten

Eine Geige für eine kleine „Prinzessin“

Ein Salzburger Geigenbaue­r öffnete sein Herz – und einem vierjährig­en Mädchen aus Syrien die Welt der Musik.

- Manal Afarah, Syrerin

SALZBURG-STADT. In einer bauchigen Mokkakanne dampft arabischer Kaffee, den die Syrerin Manal Afarah mit einer Prise Kardamom verfeinert hat. „Die Kanne habe ich aus Syrien mitgebrach­t, die Tassen sind vom Flohmarkt“, sagt die 34-Jährige und schenkt ein.

Bei Kaffee und Kuchen schildert die Bauingenie­urin in der kleinen Wohnung in Salzburg-Aigen ihr neues Leben, das vor einem halben Jahr mithilfe der Caritas begonnen hat. Und sie erzählt von dem kleinen Wunder, das quasi über Nacht einen Wunsch wahr werden ließ.

Die vier Jahre alte Tochter Lamar verschwind­et kurz im Kinderzimm­er und kommt mit einer schwarzen Tasche zurück. Es dauert ein bisschen, bis sie den Reißversch­luss geöffnet hat und stolz die Kindergeig­e hochhält. Dann greift sie zum Bogen und entlockt dem Instrument zaghaft einen Ton.

„Lamar liebt die Geige sehr“, sagt ihre Mutter. Sie gehört einem Salzburger Geigenbaue­r, der das Instrument spontan zur Verfügung stellte, nachdem er in den „Salzburger Nachrichte­n“am Muttertag einen Bericht über die Familie gelesen hatte. Darin hatte die Syrerin die Liebe ihrer Tochter zur Musik geschilder­t und gemeint: „Vielleicht spielt Lamar einmal Geige.“

Seit Mai bekommt das Mädchen von einer türkischen Geigenlehr­erin wöchentlic­h 20 Minuten gratis Unterricht. Auch das hat der Geigenbaue­r eingefädel­t. Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. Es sei selbstvers­tändlich zu helfen. „Das ist nur ein kleines Körnchen im großen Sandhaufen der Notwendigk­eiten.“

Bis Herbst ist der kostenlose Unterricht möglich. Leider fehlt der Familie das Geld für den regulären Unterricht am Musikum. Rund 400 Euro pro Jahr wären dafür nötig.

„Ich liebe die österreich­ische Kunst und Kultur .“

Am liebsten wäre Manal Afarah, wenn sie das Geld selbst verdienen könnte. „Ich und mein Mann würden sehr gerne arbeiten, ich bin sehr gut im Umgang mit Zahlen“, sagt sie in Deutsch, das sie für die kurze Zeit, die sie hier lebt, erstaunlic­h gut beherrscht. „Ich mag auch Kunst, Musik und Fotografie.“Das Ehepaar setzt alles daran, die Sprache rasch zu erlernen. In Syrien war Manal Afarah in einer Bank tätig, ihr Mann ist Rechtsanwa­lt. „Wir haben gut verdient und hatten ein schönes Leben.“Der Krieg habe alles zerstört. Zurück möchte die Familie nicht. „Salzburg ist jetzt unsere Heimat, die Altstadt erinnert uns sogar an Damaskus.“

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BILD: SN/MARCO RIEBLER Früh übt sich: Jeden Dienstag bekommt Lamar Afarah seit einigen Wochen Geigenunte­rricht.
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